Cloud-Anbieter aus der zweiten Reihe Disruptive Clouds: klein und fein
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Cloud Computing ist eines der begehrtesten Schlagwörter in der Technologiebranche. Es taucht rund 50 Millionen Mal im Internet auf – so weitreichend ist der Ansatz, in der „Wolke“ rechnen zu lassen, wie der Begriff selbst. Doch haben sich die Wogen jetzt etwas geglättet? Keinesfalls. Neue disruptive Clouds wollen die IT-Welt wieder neu aufmischen.

Unter „disruptiven Cloud-Architekturen“ versteht man Architekturmuster und Technologien, die dazu beitragen, bestehende Geschäftsmodelle und Technologien zu ersetzen und zu verbessern. Diese Architekturen nutzen die Flexibilität und Skalierbarkeit der Cloud-Computing-Umgebung, um neue Lösungen und Dienstleistungen zu schaffen, die den Markt verändern und den Wettbewerb beeinflussen können.
Diese Architekturen können auch den Übergang zu neuen Geschäftsmodellen und Prozessen beschleunigen, die auf einer agilen, schnellen und kosteneffizienten Bereitstellung von IT-Ressourcen basieren: in der Cloud.
Ist bei den Großen jetzt die Luft heraus?
Anfangs war jede Cloud „disruptiv“ per se und so wuchsen die Anbieter schnell und mit Elan.
- Amazon Web Services (AWS) hatte als einer der Pioniere von Cloud-Computing einen signifikanten Einfluss auf den Markt; heute trumpft AWS bei verteilten Anwendungsarchitekturen und KI-Arbeitslasten auf, verunsichert aber mit hoher Fragmentierung der Dienste.
- Microsoft Azure hatte anfangs viel Nachholbedarf und konnte schlussendlich dann mit einer gelungenen Integration in die eigenen Produkte punkten; zur Ernüchterung seiner Cloud-Rivalen hat Azure auch das Betriebssystem Linux mit ins Boot geholt.
- Google Cloud Platform (GCP) hat mit dem Anstoß zur Containerisierung und mit der Offenlegung von Kubernetes als ein quelloffenes Projekt (lustigerweise unbeabsichtigt, aus reinem Versehen) das Aufkommen der Multi-Cloud losgetreten; heute glänzt die GPT vor allem in Sachen KI und ML.
- IBM Cloud zählt zu den Vorreitern der industriellen Blockchain; IBM nimmt für sich in Anspruch, Cloud Computing mit der Vorstellung des Mainframe bereits in den 1950er Jahren erfunden zu haben.
- Oracle Cloud hat eine integrierte Plattform rund um das eigene Ökosystem aufgebaut, kann darüber hinaus aber nicht viel Anderes bieten.
- Salesforce will das Management von Kundenbeziehungen (CRM) KI-getrieben revolutioniert haben, aber gart jetzt genauso wie Oracle vorwiegend im eigenen Saft.
- Rackspace punktet mit fortschrittlichen Managed-Services, aber nicht mit tollen Preisen.
- SAP Cloud trumpft mit leistungsstarken Diensten rund um KI-gestütztes Geschäftsprozessmanagement für Großkunden.
- VMware vCloud Air bietet eine vollständig virtualisierte und skalierbare Infrastruktur für Unternehmen, die im Zuge der Virtualisierung und Hybridisierung ihrer IT-Landschaft auf die Technologie von VMware gesetzt haben.
Alle diese Akteure machen zwar durch ausgereifte Technologien, aber auch ihrem massiven ökologischen Fußabdruck, hohe Komplexität und stolze Preise auf sich aufmerksam. In Sachen Innovationen schreiten einige zum Teil eher gemächlich im Schneckentempo voran. Ihre erdrückende Marktmacht als „Hyperscaler“ verschafft ihnen einen „Wettbewerbspuffer“: Sie sind eben bekannter als ihre kleineren Mitstreiter – aber nicht unbedingt gleich besser.
Cloud-Computing-Herausforderer wollen sich die anhaltende Dominanz dieser globalen Platzhirsche nicht bieten lassen. Sie innovieren darauf los in ihren eigenen Nischen. Einige dieser kleineren Clouds haben das Zeug dazu, sich mit ihren Alleinstellungsmerkmalen als disruptiv zu erweisen.
Gridscale – Cloud einfach machen
„Drag. Drop. Klick. Fertig!“ lautet die Devise von Gridscale. Expertenwissen war gestern. Heute heißt es „Klicken statt coden!“ und so macht man einen Stich gegen AWS & Co. Einfach bedienbare Web-Oberflächen eröffnen neue Cloud-Welten mit einer IT-Infrastruktur, die zu dem jeweiligen Vorhaben passt: sofort verfügbar, beliebig skalierbar und mit einer 100-prozentigen Sicherheitsgarantie.
Gridscale ist ein europäischer Anbieter von Cloud-Computing-Diensten, der sich auf die Bereitstellung von Infrastruktur-as-a-Service (IaaS) spezialisiert hat. Das Unternehmen bietet eine einfache und flexible Plattform, die es Kunden ermöglicht, virtuelle Server, Speicher und Netzwerke in der Cloud bereitzustellen und zu verwalten. Das Kölner Unternehmen legt großen Wert auf Benutzerfreundlichkeit und einfache Bedienbarkeit. Die Cloud bietet zudem eine Reihe von Tools, die es Kunden ermöglichen, ihre IT-Infrastruktur zu automatisieren und zu skalieren. Zu den Hauptvorteilen von Gridscale gehören die hohe Verfügbarkeit, die sichere Datenverwaltung und eine starke API-Landschaft.
Und die Kundschaft weiß das zu schätzen. Frederic Worm, Leiter Shop-Technology bei Hirmer, Anbieter hochwertiger Herrenmode, lobt das benutzerfreundliche Dashboard. „Gridscale hat aber die Nase vorn, sowohl in Technik, Kommunikation als auch bei den Kosten“, kommentiert Manuel Kälin, CTO beim Hosting-Anbieter Hosttech, einem der größten ISPs der Schweiz. Mit der Whitelabel-Edition der Gridscale Hybrid Core betreibt das Unternehmen die firmeneigene hosttech.cloud im eigenen Rechenzentrum in den Schweizer Alpen für mehr als 60.000 Kunden.
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Henrik Hasenkamp, Gridscale, im Interview
David gegen Goliath? – Lieber gemeinsam, statt einsam!
Der Hybrid Core ist ein Managed-Dienst zum hybriden Betrieb einer Public- und Private-Cloud. Der Kunde stellt die benötigte Hardware in sein eigenes Rechenzentrum oder in den Serverraum bei einem Colocation-Anbieter; um die Einrichtung und das Plattform-Management kümmert sich Gridscale. So brauchen die Kunden keine eigene Expertise im Systemmanagement für die Cloud-Plattform. „Wir geben unseren Hybrid Core Partnern Best Practices an die Hand und zeigen ihm, wie sich gewünschte Szenarien und Anforderungen am besten umsetzen lassen,“ erklärt Carsten Dittmann, Head of Development bei Gridscale, und fügt hinzu: „Beratung und regelmäßiger Austausch gehören für uns dazu.“
Vultr – Cloud-Hosting mit MACH-Zertifizierung
Vultr verspricht den Unternehmen sofortige Bereitstellung von hochleistungsfähigen Cloud-Servern, Cloud-GPUs, Bare-Metal-Systemen und Cloud-Storage in 30 Rechenzentren weltweit, darunter einem in Frankfurt. Die Cloud kann eine eng umrissene Auswahl von GPU-intensiven Anwendungsszenarien abdecken, u.a. VDI, KI, VFX (Visuelle Effekte), darunter Video-Transcoding und HPC-Arbeitslasten. Den Nutzern stehen derzeit die GPUs NVIDIA A16, A40 und A100 zur Auswahl. Bald sollen auch NVIDIAs H100 Tensor Core GPUs hinzukommen. Der Verbindungsaufbau ist mit einer Vielzahl von Clients möglich, darunter Parsec, Microsoft Remote Desktop und VNC.
Vultr hat im Februar 2023 die Zertifizierung der renommierten MACH Alliance erhalten. Die MACH Alliance ist ein globales Konsortium von Unternehmen und Organisationen, das sich der Förderung von offenen Standards, Interoperabilität und Anbieterwahl in der Technologiebranche verschrieben hat. Die MACH Alliance will ein transparentes und vertrauenswürdiges digitales Ökosystem schaffen, in dem Kunden mehr Kontrolle über ihre Daten und Technologiewahl erhalten sollen. Die MACH-Zertifizierung „passt perfekt zum unerschütterlichen Engagement von Vultr, den Zugang zur Cloud zu demokratisieren und flexible Infrastruktur- und Dienstleistungen bereitzustellen,“ kommentierte der Cloud-Anbieter in einer Pressemitteilung.
Die MACH-Zertifizierung sei besonders wichtig für Organisationen, die nach dem richtigen Partner suchen, um die Vorteile von Cloud Computing zu nutzen, „ohne den überhöhten Preisen und den einschränkenden Lock-in-Politiken von AWS, GCP und Azure zum Opfer zu fallen“, hieß es weiter. Organisationen, die Alternativen zu den Hyperscalern in Betracht ziehen, könnten sich sicher sein, dass Vultr aus Kundensicht agiere, um den Zugang zur Cloud einfach, zugänglich und erschwinglich zu gestalten. Die MACH-Zertifizierung bestätige das Engagement von Vultr, Softwareunternehmen und Entwickler bei der Zusammenstellung von Spitzen-Tools und Infrastruktur zu unterstützen, um ihren Code „schnellstmöglich“ auf den Markt zu bringen.
Exoscale – Schweizer Dienst punktet mit Einfachheit
Exoscale will die Cloud der Wahl für Entwickler und Dateningenieure sein. Das Versprechen lautet hier: „Mächtige Konzepte. Einfache Oberflächen. Für Teams gebaut.“ Weiter geht es mit den Worten: „Überraschungsfreie Preisgestaltung. Starte clever, skaliere stark.“
Exoscale ist ein Dienst des führenden Schweizer Cloud-Service-Providers Akenes SA aus Lausanne. Das Unternehmen ist Mitglied so nobler Organisationen wie der CNCF, der Linux Foundation, OCRE (Open Clouds for Research Environments) und Gaia-X. Unter anderem bietet Exoscale seinen Kunden die Möglichkeit, ein eigenes soziales Netzwerk unter Verwendung der Twitter-Alternative Mastodon zu hosten (mastodon.social), wahlweise auf Ubuntu oder auf Debian.
Contabo – Ausgezeichnete Energieeffizienz
Contabo ist ein deutscher Anbieter, der sich auf die Bereitstellung preisgünstiger Cloud-Computing- und Web-Hosting-Lösungen spezialisiert hat. Hier bekommen Unternehmen im O-Ton: „Cloud-Instanzen oder Dedicated Server zu einem Preis, der Sie begeistern wird“.
Contabo ist zweifacher Gewinner des Deutschen Rechenzentrumspreises, einmal Sieger in der Kategorie „Energieeffizienzsteigerung durch Umbau in einem Bestandsrechenzentrum“ am Standort Nürnberg und danach wieder für die unterbrechungsfreie Installation einer innovativen Grundwasserkühlanlage am Standort München. Jede dieser Auszeichnungen war in den Worten der Unternehmensführung „eine riesengroße Anerkennung für all unsere Modernisierungsanstrengungen in den letzten Jahren“. Von der hohen Energieeffizienz der beiden Rechenzentren dürfen fortan die Cloud-Kunden profitieren.
Servdiscount – Dediziertes Server-Hosting
Servdiscount ist eine deutsche Cloud der Myloc Managed IT AG aus Düsseldorf mit „einer breiten Palette an Cloud-Computing-Services für Unternehmen jeder Größe“. Frei nach dem Motto „Gutes Server Hosting muss nicht teuer sein“, will Serverdiscount mit günstigen dedizierten Systemen in deutschen Rechenzentren trumpfen. Die Myloc Managed IT AG ist ein Unternehmen der Wiit-Gruppe (wiit.cloud) aus dem norditalienischen Mailand, eines großen Anbieters von Cloud- und Cybersicherheitsdiensten mit Fokus auf der Verwaltung komplexer und kritischer Umgebungen mit 17 Rechenzentren in Italien und Deutschland.
„Wir garantieren höchste Zuverlässigkeit bei der Verwaltung der wichtigsten internationalen Anwendungsplattformen (SAP, Oracle und Microsoft). Insbesondere gehören wir zu den weltweit am meisten zertifizierten Partnern für SAP-Management“, sagt der Anbieter über sich selbst. Wiit beschreibt sich als Premium-Cloud mit Dienstleistungen, die von Cloud über Cybersicherheit und Business Continuity bis hin zur Digitalisierung reichen.
Hetzner – Gut und günstig mit geringer Latenz
Hetzner ist ein deutsches Unternehmen, das günstige Cloud-Computing-Dienste mit leistungsstarker Konnektivität in Deutschland, Finnland und den Vereinigten Staaten anbietet.
Hetzner ist bekannt für seine innovativen Ansätze und die Fähigkeit, Neues zu wagen in einer Branche, die von großen Akteuren dominiert wird. Mit seinen disruptiven Preisen und dem Bestreben nach einem umfassenden Angebot für Cloud-versierte Nutzer ist Hetzner ein wichtiger Akteur in der deutschen Cloud-Computing-Szene.
Joyent – IaaS von Samsung
Mit Joyent will Samsung Cloud-nativen verteilten Anwendungen zu einem nie dagewesenen Grad an Performance verhelfen, ohne die Compliance aufs Spiel zu setzen. Joyent, die 2016 von Samsung Electronics übernommen wurden, setzt auf eine Technologie namens „Triton“, eine proprietäre Container-basierte Plattform mit Unterstützung für ZFS (Zettabyte File System), ein selbstheilendes verteiltes Dateisystem, und KVM (Kernel-based Virtual Machine), einer hochskalierbaren leistungsoptimierten Kernel-basierten Virtualisierungstechnologie für Linux.
Benutzer von Joyent sind Mobilfunker und andere Unternehmen, die weltweit Milliarden von Geräten mit geringer Latenz bedienen und mit Softwareupdates drahtlos aktualisieren. Als die mobile Welt immer weiterwächst, baut Samsung seine Edge-Clouds, Security- und Netzwerkoptimierungslösungen, um dies zu ermöglichen, weiter aus.
Ein Anbietervergleich lohnt sich
Es gibt viele Herausforderer mit Mut, Willen und der Fähigkeit, sich mit innovativen Ansätzen, günstigen Preisen und durchdachten Diensten gegen die erdrückende Marktmacht der großen Akteure zu stellen. Mit ihren disruptiven Cloud-Architekturen schlagen sich diese Anbieter in ihren Nischen tapfer, denn sie bewähren sich im Schatten der vergleichsweise trägen Platzhirsche zum Teil schon seit mehreren Jahren.
Disruptive Herangehensweisen der regionalen Herausforderer bieten aber den Cloud-Nutzern auch die Möglichkeit, ihre eigene Verwaltung von IT-Systemen zu überdenken – und das sicherlich nicht zum Nachteil. Unternehmen sollten daher regelmäßig prüfen, welche Cloud-Dienste für ihre spezifischen Anforderungen am besten geeignet sind.
* Das Autorenduo Anna Kobylinska und Filipe Pereia Martins arbeitet für McKinley Denali Inc. (USA).
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