Open Cloud Foundation und "natürliches Wachstum" bei OVH Auf Du und Du mit Google, AWS und Azure - OVH will Hyperscaler werden

Autor Ulrike Ostler

OVH-Gründer, Namensgeber und -Vorstandsvorsitzender Octave Klaba hat abgenommen, 18 Kilo, die Anzahl seiner Kunden und Rechenzentren aber nimmt stetig zu. Auf dem „OVH Summit 2017“ kündigte er an: Aus den derzeit 27 Datacenter sollen in den kommenden Jahren 50 werden und aus dem größten europäischen Anbieter von Rechenzentrumsleistungen ein globaler, der AWS, Microsoft und Google Konkurrenz macht.

Anbieter zum Thema

OVH-Gründer, Namensgeber und -Vorstandsvorsitzender Octave Klaba stellt in seiner Keynote zum 5. OVH-Summit die großen Pläne für das Unternehmen vor.
OVH-Gründer, Namensgeber und -Vorstandsvorsitzender Octave Klaba stellt in seiner Keynote zum 5. OVH-Summit die großen Pläne für das Unternehmen vor.
(Bild: OVH)

„Ich liebe meinen Job“, sagte Klaba in seiner Keynote zum OVH Summit 2017, der am Dienstag in Paris stattfand, vor rund 2.000 Teilnehmern, sei er doch so etwas wie der „Chief Happiness Officer“. Während er früher Innovation und Engagement hauptsächlich in Hardware, Software und Algorithmen gesteckt habe, beschäftige er sich heute auch damit, wie er Kunden und Mitarbeiter glücklich machen könne. Das Dilemma: OVH, die Abkürzung für den Spitznamen seines Firmengründers, Oles Van Herman, soll enorm wachsen, zum Beispiel um 1.000 Mitarbeiter in den kommenden zwölf Monaten und zugleich den Gründergeist, die Verwobenheit mit Mitarbeitern und Kunden behalten.

1999 wurde OVH gegründet und im Geschäftsjahr 2016/2017 hat das Unternehmen einen Umsatz von 400 Millionen Euro erzielt und für die Ausbaupläne bis 2020 sind 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Im selben Zeitraum, also in diesen drei Jahren will OVH einen Gewinn von 1 Milliarde Euro erzielen.

Im Herbst 2016 hatte OVH bereits begonnen, seine internationale Expansionsphase umzusetzen, mithilfe von 250 Millionen Euro Wachstumskapital der Investment-Firmen KKR und Towerbrook. Die jüngste Investition 2017 stammt aus einem Bankenpool in Form eines revolvierenden Kredits und beträgt 400 Millionen Euro.

|videoid=v=t_EgmiTse-U|

„Bei diesem rasanten Wachstum kann ein Unternehmen schon einmal seine Mentalität, Einstellung, Ausrichtung, Bodenhaftung verlieren“, sagt Klaba, „doch das darf nicht so sein“. Er will, dass sich der Community-Geist aus den Gründungstagen und die enge Bindung an die Kunden erhält. „Ich bin glücklich, wenn ich morgens aufstehe, dass ich so viele Talente in meinem Unternehmen habe und das Feedback, das die Kunden geben, macht richtig Spaß.“

Doch ganz so einfach scheint es nicht zu sein, vor allem potenziellen Neukunden klar zu machen worin die OVH-Strategie, außer in dem Wachstumswillen, eigentlich besteht. Tatsächlich ist OVH vor allem als französischer „Web-Hoster“ bekannt. Und was soll der Kauf von „vCloud Air“?

Drei Marken unter einem Dach

„Das ist der Grund, warum wir nun drei Marken einführen“, sagt Klaba, „um für größere Klarheit zu sorgen.

  • 1. OVHcloud
  • 2. OVHspirit
  • 3. OVHmarket

Vor dem Hintergrund „wir sind in der Hybrid-Cloud-Ära angekommen“, soll OVHcloud Unternehmen adressieren, die nach einer flexiblen und skalierbaren Infrastruktur suchen, die sowohl als Public Cloud, als Private und Hybrid Cloud daherkommen kann. Nach Angaben des Firmenchefs generiert OVH etwa 50 Prozent seines Umsatzes in diesem Angebotsbereich.

Das Angebot schließt auch die High-Performance-Server ein. Generell baut OVH seine Server selbst, und zwar am Firmensitz, in Roubaix, Frankreich. Das bleibt auch so, versichert Klaba. Die Vorteile: Die Server sind wassergekühlt und in einem hohen Maße energieeffizient. „Zudem haben wir sehr standardisierte Prozesse, um die Server nicht nur zu bauen, sondern auch in den Rechenzentren aufzustellen, und zwar horizontal, 48 bis 122 Server pro Rack. Die Gesamtzahl der Server gibt der Firmenchef mit rund 350.000 an.

"Es gibt gute Gründe dafür, dass wir eigene Server bauen", sagt Octave Klaba.
"Es gibt gute Gründe dafür, dass wir eigene Server bauen", sagt Octave Klaba.
(Bild: Ulrike Ostler/ Vogel IT-Medien GmbH)

Dabei gleichen sich die derzeit 27 Rechenzentren an zwölf Standorten auf vier Kontinenten selbst nicht wie ein Ei dem anderen: Es gibt umgebaute Firmenhallen, die nun neu genutzt werden, ein Container-Rechenzentrum, bei dem die Module frei im Gelände aufeinandergestapelt sind, sowie Container im Innenbereich. „Das ist unsere beste Technik“, sagt Klaba; „denn es ist sehr einfach, auf diese Weise eine große Fläche zu füllen. Vernetzt ist alles auf Layer 2 – vxLAN, es geht mit 12 Terabit/s ins Internet.

Cloud-Geister und -Märkte

Neu im Angebot ist das „komplette Rechenzentrum“ oder wenn man so will, eine komplette Private Cloud, die sich jedoch in einem der OVH-Rechenzentren befindet. Die Administration übernimmt OVH. Potentielle Kunden sind Konzerne.

Neu ist ebenfalls der KI-Rechner von Nvidia (DGX-1), den OVH für ein ebenfalls neues Produktangebot nutzen will: „Function as a Service“. Von den Computern, die insbesondere für neuronale Netze, also: Machine Learning und Deep Learning gedacht sind, passen bei OVH 16 in ein Rack. Function as a Service. Dank “Serverless Architecture” sollen die Kunden in die Lage versetzt werden, Metriken, Log-Daten-Plattformen, Datenbanken beispielsweise mit nur wenigen Clicks ausrollen und nutzen zu können.

OVHspirit hingegen adressiert Unternehmen, die sich in der Gründungsphase befinden oder diejenigen, die das Angebot dedizierter Server und VPS nutzen wollen, um etwa das Preis-Leistungsverhältnis ihrer eigenen IT zu verbessern. Diese Angebote sind nicht aus jedem Rechenzentrum und nicht in jedem Land gleich, sondern werden auf die spezifischen Märkte und Techniken vor Ort angepasst.

Laut Klaba ist das eine häufig zu beobachtende Entwicklung von Start-ups, dass sich die Ansprüche an das Cloud Computing ändern. - Das Unternehmen ist stolz auf sein Start-Up-Programm „Digital Launch Pad“. Derzeit betreue OVH rund 1.200 Newcomer. – Zu Beginn brauchen sie schnelle Hilfe, Standardprodukte, um ihr Geschäft zum Laufen zu bringen. Etabliert sich das Unternehmen, braucht es aber individuellere und skalierbare Infrastrukturen. Zeit zum Wechsel zur OVHCloud.

OVHmarket schließlich ist praktisch das Telekommunikationsangebot – Plug-and Play-Produkte wie Web-Hosting, die Vergabe und Verwaltung von Domain-Namen, VoIP und xDSL. Mit diesem Angebot adressiert OVH prinzipiell alle Firmen.

Die drei Marken bleiben aber bildlich gesprochen unter einem Dach, der Kunde bekommt bestenfalls einen Ansprechpartner.

Open Cloud Foundation

Die OVH-Cloud-Angebote sollen offen sein. Was OVH-CEO Laurent Allard damit meint, ergab sich, als er auf dem 5. OVH-Summit die Gründung einer „Open Cloud Foundation“ bekannt gab. Mehr als 20 Gründungsmitglieder wollen in dieser neuen, internationalen Organisation an gemeinsamen Cloud-Service-Praktiken und Regularien arbeiten. „In den kommenden drei Monaten werden wir soweit sein, dass wir erste Regeln und Standards haben, die zur Bedingung für eine Aufnahme in diese Initiative werden“, kündigt Allard an.

Man werde sich mit dem gesamten Cloud-Ökosystem beschäftigen: Provider, Kunden, Forschungszentren, Regierungsbehörden sollen mitarbeiten, unter anderem an den technischen Schichten - IaaS, PaaS, SaaS, Wissen. Das Ziel soll sein, technische Standards zu unterstützen und dort, wo noch welche fehlen, welche zu entwickeln, die Teilnahme an der öffentlichen Diskussion um Regeln und Gesetze und letztlich die Cloud-Anbieter als „Open-Cloud-fähig“ zu zertifizieren.

Die Open Cloud Foundation ist gegründet; in drei Monaten weiß man mehr.
Die Open Cloud Foundation ist gegründet; in drei Monaten weiß man mehr.
(Bild: Open Cloud Foundation)

Letztlich soll es den Cloud-Kunden erleichtert werden, diverse Cloud-Angebot zu kombinieren, aber auch, wenn es nötig sein sollte, die Clouds zu wechseln.

  • So werde die Foundation sich etwa um Datenreversibilität kümmern, will heißen: Die Kunden behalten die Kontrolle und ihre Daten; diese bleiben stets ihre.
  • Dazu kommt die Interoperabilität der Daten. Das wiederum soll dafür sorgen, dass die Daten für viele Anwendungen nutzbar bleiben oder werden.
  • Datensicherheit: Für die Kunden soll es transparent sein, wo die Daten liegen, in welchem Land, in welchem Rechenzentrum. Auf diese Weise könnten Compliance-Anforderungen und gesetzliche Regeln gewahrt werden, so Allard.
  • Hinzu kommen Regeln, mit denen intellektuelles Eigentum gewahrt werden soll. Das betrifft insbesondere die Algorithmen, die von Kunden entwickelt werden und auf der Infrastruktur eines Providers laufen.

Die Rechenzentren von OVH sind ISO-27001-zertifiziert, bislang jedoch nur für die Private-Cloud-Angebote. Künftig sollen die Zertifikate auch für die Public-Cloud-Produkte und für Dedicated Server gelten. Neu ist auch die HDS-Zertifizierung, die für das Hosten von Daten aus dem Gesundheitssektor bedeutsam ist, sowie das Zertifikat PCI DSS, das für das Management von Bank-Daten obligatorisch ist.

Für die Authentifizierung stellte das französische Unternehmen eine neue Technik für OVH-Kunden vor: den „Yubi Key“, der auf FIDO U2F basiert. Noch ist dieser aber erst als „Preview“ zu bewundern.

Um künftigen Anforderungen gerecht werden zu können, die laut Klaba sehr stark mit der Adaption von Künstlicher Intelligenz in jedem Bereich der IT-Infrastruktur und den Anwendungen im Zusammenhang stehen, strebt OVH an, mit allen notwendigen Standards und darauf optimierte Infrastrukturen aus diesem Umfeld konform zu sein. „Wir bereiten das für sämtliche Cloud-Spielarten vor“, sagt Klaba. Dazu zählen: GPU, FPGA und NVMe.

Der "Chief Happiness Officer" Octave Klaba mit seiner OVH-Rackband auf der Bühne beim OVH Summit 2017.
Der "Chief Happiness Officer" Octave Klaba mit seiner OVH-Rackband auf der Bühne beim OVH Summit 2017.
(Bild: Ulrike Ostler/ Vogel IT-Medien GmbH)

OVH ist unter anderem bekannt für die Unterstützung von OpenStack. Die „OVH Private Cloud” wird compatible zu OpenStack. So wird die jüngste Generation an Load-Balancer, sowohl für Public- als auch Private Clouds, und die VMware-Technik „vRack“ über OVH-eigene Schnittstellen als auch über OpenStack-APIs über das „Control Panel“ beziehbar sein.

Auch die OVH-Tools, wie Customer Control Panel, Virtual Assistant, CDS, OVH Labs, sollen offen sein. Die Erklärung: Das sorgt für eine stetige Verbesserung. Die meisten Tools basierten ohnehin auf Open Source und das wiederum gehöre zur DNA von OVH. Entwickler und Anwender sollen dadurch ermutigt werden, Neues auszuprobieren, zu testen und die Erfahrungen mit anderen zu teilen.

OVH und VMware

Überhaupt: OpenSource und Open Cloud scheinen gut zusammenzupassen, aber wie gehört der Kauf von „VCloud Air“ in das Konzept? Klaba sagt: „Es gibt zwei Arten von Standards: 1. Quelloffene und 2. De-facto-Standards. Und VMware ist einfach der de-Facto-Standard für Private Clouds, und nun auch hybrid Clouds.“

Darüber hinaus habe er aber auch über einen möglichst schnellen und reibungslosen Start von OVH USA gedacht. Tatsächlich hat OVH damit auf einen Schlag mehr als 1.000 Kunden gewinnen können. „Wir haben die Teams, die Technik und die Kunden behalten“, so Klaba. Insgesamt zählt OVH rund 1 Million Kunden.

Zu den Ankündigungen auf dem Summit gehörte somit auch die Nutzung der „Hybrid Cloud“-Technik „HCX“ von VMware. Klaba bezeichnet sie als „fundamentalen Baustein“ für Hybrid Clouds. Kunden können nun damit ihre virtuellen Maschinen von einem der OVH-Rechenzentren zu einem anderen bewegen oder gar in das unternehmenseigene, ohne den Betrieb unterbrechen zu müssen. Es ist zudem möglich, die eigene Infrastruktur mit jedem der OVH-Rechenzentren zu verbinden. Das Angebot stellt sich als Ergänzung von „vRack Connect“ dar.

(ID:44962700)