Europäischer Servicekatalog offen in alle Richtungen Cloud28+ mit App Center und erweitertem Technologiekonzept

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Florian Karlstetter

Die von HP Enterprise (HPE) geförderte europaweite Cloud-Community Cloud28+ verabschiedet sich von der konsequenten Orientierung an OpenStack und öffnet sich damit breiteren Provider- und Anwenderkreisen.

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Cloud 28+ vereinigt europäische Cloud Services in einem einheitlichen Marktplatz.
Cloud 28+ vereinigt europäische Cloud Services in einem einheitlichen Marktplatz.
(Bild: Cloud28+ / HPE)

„Wir öffnen Cloud28+ für andere Plattformen, weil so echte Hybrid Clouds möglich werden“, Xavier Poisson Gouyon Beauchamps, Vice President Hybrid IT EMEA bei HPE.
„Wir öffnen Cloud28+ für andere Plattformen, weil so echte Hybrid Clouds möglich werden“, Xavier Poisson Gouyon Beauchamps, Vice President Hybrid IT EMEA bei HPE.
(Bild: Rüdiger)

Bei dem halbjährlichen Treffen von Anwendern, Partnern und Providern rund um die von Hewlett Packard Enterprise (HPE) initiierte europäische Cloud-Initiative Cloud28+ verkündete Xavier Poisson Gouyon Beauchamps, Vice President Hybrid IT EMEA bei HPE, die große Neuigkeit: „Wir wollen uns an die Wünsche der Anwender anpassen und öffnen uns deshalb für andere Hypervisor-Technologien.“ Unterstützt werden neben OpenStack nun auch VMware, KVM, Docker und Microsoft Azure.

Dieser Schritt war der Cloud28+-Initiative wohl unter anderem durch ihr Beratungsgremium nahe gelegt worden, dem zum Beispiel auch die Cancom-Tochter Pironet NDH, Anbieter von Enterprise-Cloud-Services vor allem für den Mittelstand, angehört. Khaled Chaar, Managing Director Cancom Pironet: „An sich ist die Orientierung auf OpenStack eine gute Idee, aber sie ist zu theoretisch.“ Praktisch hätten Anwender jede Menge klassische Applikationen auf den bekannten Virtualisierungsplattformen, die sie nicht ohne Weiteres migrieren wollten, und daran müsse sich eine Organisation wie Cloud 28+ anpassen.

Von der Vorstellung, über Cloud28+ die Ausbreitung der eigenen Cloud-Architektur Helion zu fördern, muss sich HPE mit diesem Schritt verabschieden. Vielleicht aber ergibt sich daraus eine weitaus größere Popularität der Plattform, die heute als einzige in allen europäischen Ländern nach gleichen Regeln auf Funktionalität, lokale Rechtskonformität und Datensicherheit zertifizierte Cloud-Serviceprovider sowie eine wachsende Gruppe von unabhängigen Softwareanbietern, Beratungsunternehmen und Technologielieferanten versammelt.

Wachsende Mitgliederschar

Derzeit gibt es laut Website 230 Cloud28+-Mitglieder, von denen etwa 70 Serviceprovider sind. Diese beliefern rund 1000 Kunden, die zum Teil innovative Geschäftsmodelle auf der Plattform aufsetzen.

Ein Beispiel dafür ist TheUberCloud, ein Unternehmen, das auf unterschiedliche Rechenzentren verteilte Ressourcen fürs Hochleistungsrechnen poolt und sie seinen Kunden aus dem Engineering- und Wissenschaftsbereich als Service zur Verfügung stellt. Der Kernbereich des Engineering galt bisher als eine Anwendung, die, um das darin steckende geistige Eigentum zu schützen, tunlichst auf eigenen Plattformen betrieben wurde. Die Sicherheits- und Compliancemaßstäbe, an denen sich Cloud28+-Provider messen lassen müssen, scheinen diese Bedenken zu relativieren, denn, so Wolfgang Gentzsch von TheUberCloud, es wurden bereits 200 Projekte mit Hilfe der Plattform abgewickelt.

Für Square Enix, ein japanisches Unternehmen, das Online-Spiele entwickelt, ist an Cloud28+ besonders reizvoll, dass sich Spiele einfach in andere Geographien ausrollen lassen, sobald die Nachfrage von dort signifikant zulegt – unter Einhaltung der lokalen rechtlichen Vorgaben.

Nutzung auch weiterhin kostenlos

Die Nutzung der Cloud28+-Plattform durch unabhängige Softwareanbieter und Serviceprovider soll bis auf weiteres kostenlos bleiben. „Wir verdienen daran nichts“, betonte HPE-Manager Beauchamps. Mit der Öffnung für andere Hypervisoren wolle man „wirkliche hybride Clouds“ ermöglichen, dies sei ohnehin die Richtung, in der sich die Unternehmens-IT überwiegend bewege.

Tatsächlich zeigen Daten, die William Fellows vom Marktforschungsinstitut 451, das dem Uptime-Institute angeschlossen ist, dass für die meisten Branchen nur ein Viertel bis ein knappes Drittel der IT-Aufgaben auslagerungsfähig in eine Public Cloud sind – der Rest verbleibt aus Sicherheits-, Compliance- oder schlichten Opportunitätsgründen im Hause. Insofern ist der Hybrid-Cloud-Ansatz durchaus sinnvoll.

„Unser Geld verdienen wir als Lieferant von Providern oder Anwendern, auch wenn sie nicht Helion, sondern andere Technologien wählen“, betonte Matt Foley, Director Presales Hybrid IT EMEA bei HPE.

Plattform wird zum Transaktions-Hub

Doch es gibt weitere Neuigkeiten. Cloud28+ will schnell mehr unabhängige Softwareanbieter für sich gewinnen, damit Endkunden und Provider mehr Auswahl haben. Dazu wurde die bisherige Plattform mit Hilfe des kanadischen Startups Ormuco, Mitglied der Initiative, umgestrickt und um ein App-Center erweitert. Applikationen werden im App-Center in Docker-Containern angeboten. Softwareanbieter, die ihre Erzeugnisse ins App Center laden und so potentiellen Abnehmern, Providern oder Endkunden, anbieten.

Die Integration einer App ins App Center und Services in den (bisher schon existierenden) Servicekatalog erfolgt über eine Webschnittstelle und mit einem stark vorstrukturierten, halbautomatischen Verfahren. Zu den einzelnen Schritten gehört die Charakterisierung der Apps nach verschiedenen Kriterien wie Branche oder Funktion, die automatische „Verpackung“ der App in einen Container, das Hochladen auf die Plattform, Konformitäts-, Sicherheits- und Lasttests sowie letztlich die Eingliederung in das App Center oder –bei Services, die derselben Logik folgen, in den Servicekatalog. Als Dach über Servicekatalog und App-Center fungiert ein sogenannter Service Hub mit gemeinsamen Funktionen, der in beide Bereiche verzweigt.

Drei Qualitätsstufen für Apps

Cloud28+ vereint derzeit rund 230 Mitglieder, von denen etwa 70 Serviceprovider sind. Diese beliefern rund 1.000 Kunden, die zum Teil innovative Geschäftsmodelle auf der Plattform aufsetzen.
Cloud28+ vereint derzeit rund 230 Mitglieder, von denen etwa 70 Serviceprovider sind. Diese beliefern rund 1.000 Kunden, die zum Teil innovative Geschäftsmodelle auf der Plattform aufsetzen.
(Bild: Cloud28+ / HPE)

Mit den App-Tests vor der Aufnahme ins App Center könnte Cloud28+ möglicherweise auch Geld verdienen. Denn geplant sind dort drei Qualitätsteststufen für Apps: Heute realisiert ist die Bronze-Stufe, wo der Softwareanbieter die neue App selbst und nach eigenem Gutdünken in einer abgeschotteten Sandbox testet. Zwei Stufen sollen noch dazukommen: Silber bedeutet, dass Cloud28+ die Tests nach Testanweisungen der Softwareherstellers durchführt, Gold, dass Cloud28+ selbst die Verantwortung für alle Tests übernimmt.

Gut möglich, dass die beiden höheren Stufen gerade für wichtige kommerzielle Software zum Goldstandard wird, und sicher nicht zu weit hergeholt, es für möglich zu halten, dass für das Testen als Dienstleistung vielleicht auch ein Obolus fällig wird. Doch das sind bisher Vermutungen – vorerst ist nur die Bronze-Stufe (Sandbox) realisiert, und Aussagen zu möglichen kommerziellen Angeboten direkt von Cloud28+ gab es nicht. Das Onboarding von Apps mit Ausnahme der Testvorgänge dauert nur Minuten, die Tests dauern einige weitere Stunden. Dann steht die neue App im App Center zum Kauf bereit.

Für Software- und Service-Einkäufer bringt der neue Service Hub interessante Funktionen. Zunächst können sich sowohl Service Provider als auch Unternehmen aus dem Angebot des App Center und dem Servicekatalog bedienen. Dabei hilft ihnen eine verfeinerte Suchfunktion, die zum Beispiel auch die Suche nach Branchen ermöglicht.

Transaktionsportal für digitale Produkte und Dienstleistungen

Serviceprovider können sich so ihr Portfolio maßgeschneidert aus dem App Center zusammenstellen, Unternehmen ihre eigene Cloud mit Applikationen füttern oder durch externe Dienste ergänzen. Eine vereinheitlichte Schnittstelle bietet einen Überblick über alles, was ein Serviceprovider oder ein Endkunde aus dem Portfolio von Cloud28+ nutzt, woher es bezogen wird, wie sich die Nutzung entwickelt und welche Kosten anfallen. Dies gilt für Services und Softwareprodukte. Der Service Hub von Cloud28+ entwickelt sich also zum vollwertigen Transaktionsportal für digitale Produkte und Dienstleistungen.

Dazu gehört auch mehr Marketing. Schon heute können Mitglieder auf einem Blog innerhalb der Plattform Fachartikel posten. Dieses Medium wurde so erweitert, dass die Verfasser, etwa Software- oder Serviceanbieter, potentielle Interessenten zielsicher finden und direkt adressieren können: Wer einen Artikel gepostet hat, sieht nicht nur, wie oft darauf zugegriffen oder in sozialen Medien reagiert wurde, sondern auch von wem und wie oft, zudem wird Kontaktinformationen mitgeliefert, sofern der Nachfragende oder dessen Unternehmen bei Cloud28+ Mitglied ist. Ob diese Informationsintensität immer im Interesse der Seitenbesucher ist, sei dahingestellt.

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