Es ist nie zu spät für eine gute Strategie Die sieben Cloud-Sünden

Ein Gastbeitrag von Benjamin Hermann, Zoi TechCon GmbH* Lesedauer: 6 min

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Die Nachwehen der Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten, hohe Energiepreise – die Themen, mit denen sich Entscheiderinnen und Entscheider in Unternehmen aktuell beschäftigen (müssen), sind alles andere als „einfach”. Und doch bleibt die Digitalisierung die drängendste wirtschaftliche Herausforderung.

Trotz aller Krisen bleibt die Digitalisierung eine der drängendsten wirtschaftlichen Herausforderungen – denn weder der internationale Wettbewerb noch die Entwicklung der Hyperscaler schlafen.
Trotz aller Krisen bleibt die Digitalisierung eine der drängendsten wirtschaftlichen Herausforderungen – denn weder der internationale Wettbewerb noch die Entwicklung der Hyperscaler schlafen.
(Bild: fran_kie - stock.adobe.com)

Vor kurzer Zeit ist mir ein Artikel in die Hände gefallen: Im Jahre 2003 soll es fünf bis sieben Jahre gedauert haben, bis sich das Wissen der Welt verdoppelt hat. Im Jahre 2013 sollen es nur noch zwei Jahre gewesen sein. Für das aktuelle Jahr 2023 gibt es noch keine Aussagen. Mein Tipp ist jedoch, dass wir mittlerweile bei weit unter einem Jahr sind.

Spreche ich oben noch von „Sünden”, möchte ich es gleich wieder relativieren. Denn Sünden können ja vergeben werden. Was nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit angeht, gibt es jedoch keine Vergebung – höchstens Stillstand. Und der ist in den meisten Fällen gleichbedeutend mit Rückschritt.

Daten zur Wissensverdopplung

Zurück zur Wissensverdopplung: Die Daten machen hierbei den Unterschied. Geschäftsprozesse und Customer Journeys als Datenpunkte zu verstehen, die es in Data Lakes zu sammeln und auszuwerten gilt, machen in der jüngsten Vergangenheit den wesentlichen Faktor des Wissenszuwachses aus. Doch müssen die gesammelten Rohdaten, genau wie alle anderen Geschäftsdaten, sicher sein. Dass sich die Public Cloud sowohl dafür als auch in der Auswertung der Rohdaten bewährt hat, ist im Mittelstand und in den Enterprises angekommen, wenn auch zögerlich. So weit, so gut – kommen wir nun zu den „Sünden”.

Sünde #1: Investitionen in die Cloud-Migration aufschieben

In Zeiten der Rezession reagieren fast alle Entscheiderinnen und Entscheider gleich: mit starker Zurückhaltung bei Investitionen. Was bereits angestoßen ist, wird noch durchgezogen. Doch dann: Still ruht der See! Doch sollten eben jene Managerinnen und Manager gerade jetzt die digitale Transformation weiter vorantreiben. Am falschen Ende zu sparen, lässt den Großteil der bisherigen Investitionen versickern.

Der digitale und durchtechnologisierte Alltag macht keine Rezessionspause. Und die weltweite Konkurrenz auch nicht – Weitsicht beweist hier echte strategische Kompetenz. Ganz nebenbei: Die Digitalisierung kann sogar mehr als die Auswirkungen der Rezession abfedern. Wer jetzt klug in skalierbare Prozesse investiert, legt den Grundstein für die nächste Aufschwungphase.

Sünde #2: Veraltete Cyber Security-Systeme weiter nutzen

Das Cloud Computing hat die traditionellen IT-Sicherheitskonzepte längst überholt. Heute sind die Hyperscaler führend, was IT & Cyber Security betrifft. Der Wechsel in die Cloud bedeutet für Unternehmen und Organisationen also auch, sich von den „alten” Lösungen zu trennen und den neuen Partnern zu vertrauen. Noch scheuen sich viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die Migration ihrer Workloads in die Cloud anzustoßen.

Aus Sicht der Cyber Security ist dies ein gefährliches Zögern. Die Public Cloud-Anbieter beschäftigen hunderte von Menschen, die sich tagtäglich nur um Cyber Security-Aspekte kümmern und die Systeme und Instances fortwährend sicherheitstechnisch verbessern. Wer hier auf manuellen Installationen von Serverpatches zu später Stunde besteht, muss sich über folgenschwere Cyber-Attacken nicht wundern.

Sünde #3: Auf geringer Cloud-Reife verharren

Dieser Aspekt der Sicherheit führt gleich zum nächsten Punkt: Die Cloud ist gekommen, um zu bleiben! Dies bedeutet, dass sich die Unternehmen mit den Cloud-Anbietern zusammen weiterentwickeln müssen, wenn sie im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen wollen. Das Aufbrechen der Silos ist wichtig, wenn beispielsweise in der lokalen Einzelhandelsfiliale eine über analoge wie digitale Kanäle vernetzte Kundenerfahrung entstehen soll.

Cloud-Reife-Analysen von Cloud-Expertenteams zeigen bestenfalls den Weg auf, bevor die Umsetzung im Zweifel überhastet startet. Auf die herkömmlichen Dienstleister zu setzen, ergibt wenig Sinn, denn nur die wenigsten dürften empfehlen, sofort in die Cloud zu wechseln.

Sünde #4: Cloud-Expertise außer Acht lassen

Nur die wenigsten Unternehmen und Enterprises schaffen den Wechsel in die Cloud aus eigener Kraft. Dies ist nicht verwunderlich, denn zu oft gilt noch der Satz „Never change a running system!” Auf den Impuls von interner Seite zu warten, kann also dauern. Doch wer kann hier helfen?

Die großen Public-Cloud-Anbieter haben alle eigene Zertifizierungen geschaffen, die Auskunft über die Fähigkeiten professioneller IT-Beratungen geben. Manchen Anbietern reichen einfache Nachweise der Leistungsfähigkeit, andere haben aufwendige Zertifizierungsprozesse, die teils über Jahre gehen und unter Beweis stellen, dass nicht nur Know-how vorhanden ist, sondern dieses Know-how in eine Vielzahl von Cloud-Migrationen eingebracht wurde. Einsehbar sind diese Zertifizierungslevel der Partnerschaften alle.

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Sünde #5: Nachhaltigkeitsaspekte vernachlässigen

Wo wir gerade recherchieren: Bei den großen Cloud-Anbietern hat sich der Aspekt der Nachhaltigkeit längst durchgesetzt. Hier geht kein lokales Rechenzentrum dauerhaft von Höchstlast für Daten aus, auf die Unternehmen nur ein knappes Dutzend Mal im Jahr zugreifen, oder etwa fürs Intranet, dessen Hauptzugriffe sich bei einem nationalen Unternehmen auf die Zeiten zwischen 9 und 18 Uhr konzentrieren.

Wer als Unternehmen etwas im Sustainability-Bereich bewirken möchte, geht in die Cloud. Was der Großteil der Mitarbeitenden dann nur noch benötigt, sind technisch gute Devices und stabile Internetverbindungen.

Sünde #6: KI-Einsätze ohne Cloud planen

KI ohne Cloud zu betreiben, ist so sinnvoll wie ein zweiter Ersatzkanister im Elektroauto. Um effizienter zu arbeiten, Kosten zu reduzieren und wettbewerbsfähig zu bleiben, ist Künstliche Intelligenz (KI) neben der Cloud an sich die wichtigste Technologie, die Unternehmen hilft, diese Ziele zu erreichen.

KI ohne die Cloud zu planen bedeutet, auf wesentliche Aspekte zu verzichten. Dazu zählen:

  • die einfache und schnelle Skalierbarkeit bei wachsenden Datenmengen und Rechenanforderungen,
  • Kosteneffizienzvorteile durch Ressourcen auf einer nutzungsabhängigen Basis,
  • automatische Aktualität der KI-Dienste und erhöhte Innovation durch die Cloud-Anbieter selbst,
  • leichte Zusammenarbeit und Datenaustausch mit Partnerunternehmen und weiteren Benutzern,
  • und maximale Cyber Security durch ein Heer von Spezialisten beim Cloud-Anbieter, ohne in eigene technische Sicherheitsmaßnahmen zu investieren.

Wie wir sehen: Es sind in Summe genau die gleichen Vorteile, die ohnehin für den Einsatz der gesamten Unternehmensworkloads in der Cloud sprechen. Und genau deshalb funktioniert KI auch nur mit der Cloud richtig gut – es gehört einfach zusammen.

Sünde #7: Cloud-Wildwuchs ohne FinOps

Doch auch wer bereits in der Cloud ist, hat es nicht immer leicht. Hochgelobt, oft propagiert und kolportiert ist der Gedanke, dass die Cloud Kosten spart. Generell lässt sich das tatsächlich so sagen und oft erleben Unternehmen, die über ein reines „Lift and Shift” ihrer Workloads hinausgehen, tatsächlich zunächst eine Kostenreduktion.

Nun zum „Aber”: In der realen Umsetzung steigen die Kosten im laufenden Prozess oft erst allmählich, dann verstetigt und dann immer zügiger an. Der Grund: Die vielen kleineren Leistungsbausteine, die „mal eben” von Produktmanagern und Produktmanagerinnen oder Bereichsverantwortlichen dazugebucht werden, ergeben in Summe monatliche Kosten, die höchstens das Public-Cloud-Anbieterherz höherschlagen lassen. Ohne einen Kulturwandel und ein permanentes Monitoring laufen die Kosten aus dem Ruder. Die einzig gute Nachricht: Durch die Migration in die Cloud werden personelle IT-Kapazitäten frei, die nun sinnvoll mit einem FinOps-Ansatz für echte Kostenersparnisse und Transparenzzuwächse sorgen können.

Potenzial heben

Wir sehen, so schnell gehen uns die Themen rund um die Cloud nicht aus. In jeder der genannten „Sünden“ steckt noch sehr viel Potenzial, wenn die Unternehmen und Organisationen wettbewerbsfähig bleiben wollen. Das Potenzial ist jedenfalls da, die Wege ebenso – jetzt sind Entscheidungen gefragt.

* Über den Autor
Benjamin Hermann wurde mit Gründung der Zoi TechCon GmbH im Jahr 2017 zum Geschäftsführer berufen. Zuvor war er in identischen Positionen in der IT-Beratung tätig. Ursprünglich aus der Softwareentwicklung und Architekturberatung kommend, beschäftigt Hermann sich seit 2012 mit der Public Cloud und deren Anwendungsmöglichkeiten für die Industrie und Enterprise-IT.

Bildquelle: Zoi TechCon GmbH

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