Kooperationen mit AWS, Google Cloud und Azure Die Cloud soll Nokia retten
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Der finnische Vorzeigekonzern ist nach den unfassbar erfolgreichen 90er- und 0er-Jahren in sehr stilles Fahrwasser geraten. 10.000 seiner aktuell noch 90.000 Mitarbeiter sollen entlassen werden. Jetzt sollen Public Clouds Nokia fit machen für das 5G-Zeitalter.

Mitte März ist der ehemalige Handy-Weltmarktführer Nokia massiv in die Cloud gegangen, besser gesagt gleich in drei: Man gab Partnerschaften mit Amazon Web Services (AWS), Alphabets Google Cloud and Microsofts Azure-Abteilung bekannt.
Die Kooperation mit AWS
Jüngster Spross dieser massiven Cloud-Adaption ist die Einführung von Nokias cloud-nativer Ladelösung Nokia Converged Charging (NCC) als containerisierte Netzwerkfunktion (Cloud Native Network Function / CNF) auf AWS. Sie soll die Migration geschäftskritischer, hochfrequenter Ladeanwendungen in die Public Cloud beschleunigen. Cloud Service Provider (CSP) können damit Workloads auf AWS auszuführen und neue Formen der Monetarisierung bei der Bereitstellung von Business-Support-Systemen (BSS) in der Public Cloud entwickeln. Man unterstütze so die hohen Frequenzanforderungen und die geringe Latenz eines für die Anforderungen der 5G-Wirtschaft entwickelten konvergenten Echtzeit-Ladesystems.
„Die technologischen Hindernisse für die Bereitstellung von Ladesystemen in der Public Cloud wie zum Beispiel die Netzwerklatenz nehmen aufgrund schnellerer dedizierter Verbindungen und weit entfernter CNF-Bereitstellungen rapide ab, während gleichzeitig die Vorteile, etwa die Fähigkeit, Kapazität für einmalige Kurzstrecken-Events zu erhöhen, zunehmen“, erläuterte Udi Israel, Head of Digital Business Product Line, Cloud and Network Services bei Nokia.
Dieses Vorhaben baut auf einer im März bekannt gegebenen Kooperation auf. Nokia teilte damals mit, dass man gemeinsam mit AWS an einem Proof of Concepts (PoC) arbeite, um die Reichweite seiner Cloud RAN-Technologien (Radio Access Network) in 5G-Bereitstellungen auszubauen. Engineering-Teams beider Unternehmen sollen herausfinden, wie die Kombination von Nokias RAN, Open RAN, Cloud RAN und Edge-Lösungen mit AWS Outposts funktionieren kann.
Communications Service Provider und Unternehmen würde es damit möglich, AWS über die Topologie des Mobilfunknetzes hinweg zu nutzen. Die Zusammenarbeit werde es darüber hinaus Nokia erlauben, AWS-Services wie Amazon Elastic Compute Cloud (Amazon EC2), Amazon Elastic Kubernetes Service (Amazon EKS), AWS Outposts, AWS Local Zones und andere verwandte Services zur Automatisierung der Netzwerkfunktionalität oder Bereitstellung von Endkundenanwendungen zu nutzen.
Dr. Alex Jinsung Choi, SVP Strategy & Technology Innovation bei der Deutschen Telekom, erklärt aus Anwendersicht, was das konkret bedeutet: „Die Deutsche Telekom ist auf dem Weg, sich mit einem automatisierten Produktionsmodell in eine neue offene, disaggregierte und cloud-native Infrastruktur zu verwandeln. Diese Zusammenarbeit, die Nokias Führungsrolle bei 5G Open RAN und Cloud RAN mit den Cloud-Plattformfunktionen von AWS und der Kundenorientierung kombiniert, kann dazu beitragen, diese Reise zu beschleunigen. Die Erweiterung der Cloud-nativen Netzwerkfunktionen und die Automatisierung auf den RAN werden neue Agilität und Anwendungsfälle in der 5G-Ära ermöglichen.“
Die Kooperation mit Google
In dieselbe Kerbe schlägt die am selben Tag bekanntgegebene Kooperation mit Google: Auch hier geht es um die Entwicklung neuer 5G-cloud-basierter Radiolösungen. In der Google Cloud sollen gemeinsam Lösungen entwickelt werden, um die Nokias RAN, Open RAN, Cloud RAN (vRAN) und Edge-Cloud-Technologien mit Googles Edge-Computing-Plattform und dem Anwendungs-Ökosystem zu kombinieren.
Im Rahmen des Projekts werden Nokias 5G vDU (Virtualized Distributed Unit) und 5G vCU (Virtualized Centralized Unit) auf Googles Edge-Computing-Plattform getestet, sowie Nokias eigenständiges 5G-Netzwerk mit vCU und 5G-Kern als Cloud-native Bereitstellung auf Googles Cloud Anthos-Plattform. Nokia will zudem seine AirFrame Open Edge-Hardware mit Anthos zertifizieren. AirFrame Open Edge verteilt Rechenkapazität in den Rand des Netzwerks und treibt die Implementierung von Cloud RAN, Multi-Access Edge Computing (MEC) sowie 5G voran.
„Diese Partnerschaft mit Nokia wird unsere jahrzehntelange Kompetenz im Bereich der mobilen Kommunikation kombinieren, um neue Lösungen zu liefern, die CSPs dabei helfen, die Geschäftstransformation am Netzwerkrand zu ermöglichen“, erläuterte Bikash Koley, VP, Google Global Network und Head of Technology for Telecom Products bei Google Cloud. Die Zusammenarbeit sei bereits in der Nokia-Zentrale in Espoo angelaufen.
Die Kooperation mit Microsoft
Auch die Partnerschaft mit Microsoft zielt – der geneigte Leser ahnt es – auf die Kombination von Nokias vRAN-Technologien mit cloud-basierten Microsoft Azure-Diensten und dem Entwickler-Ökosystem ab. Die Zusammenarbeit erfolge in drei Phasen: Erstens wird Nokia seine mobilen Lösungen in Azure Private Edge Zone integrieren. Zweitens wird Nokias 5G RAN in den Azure 4G/5G-Kern von Microsoft integriert. Und drittens werden die Unternehmen prüfen, wie Microsoft den Nokia Airframe Open Edge-Server als Teil der Telekommunikations-Edge-Strategie von Microsoft integrieren kann.
„Wir sind begeistert, bei diesem Projekt eng mit Microsoft zusammenzuarbeiten, das Azure mit unserer 5G-Funknetzwerktechnologie nutzen wird“, so Tommi Uitto, President of Mobile Networks bei Nokia. „Offene Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Entwicklung neuer und innovativer hochwertiger 5G-Anwendungsfälle, die unsere Kunden mit den Werkzeugen ausstatten, die sie für die digitale Transformation benötigen. Dies ist Teil von Nokias fortgesetztem Engagement für eine offene mobile Zukunft, die es unseren Kunden einfach macht, die Vorteile der 5G-Welt zu nutzen, die sie vorantreibt.“
Fazit
Wer bei Nokia immer noch zuerst an Handys und andere Endgeräte denkt, springt zu kurz: Der ehemalige Gummistiefelproduzent tritt heute vor allem als Netzwerker auf, ganz ähnlich wie etwa Ericsson. Seine Kunden sind Service Provider verschiedener Art, so zum Beispiel die Telekom.
Nokia braucht die Cloud beziehungsweise die Kooperationen mit den drei Hyperscalern Amazon, Google und Microsoft, um bereit für 5G zu sein. Die Kooperationen sollen beweisen, dass seine Technologie- und Softwarelösungen die Leistung anderer Cloud-Computing-Dienste steigern und ein besseres Kundenerlebnis bieten kann. Das eröffnet Perspektiven, die der angeschlagene Konzern dringend nötig hat.
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