Was Anbieter von Managed Service Providern erwarten Cloud Provider und ihre Partnerprogramme

Von Prof. Dr. Jens-Henrik Söldner*

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Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der Auslagerung von Workloads zu den Hyperscalern der Public Cloud zeigen sich in Deutschland die IT-Verantwortlichen unterschiedlichster Branchen deutlich offener. Damit wachsen aber auch die Anforderungen an die IT-Dienstleister.

Große Cloud-Anbieter erwarten von ihren Partnern eine immer mehr Professionalisierung und setzen die Messlatten bei der Zertifizierung entsprechend hoch.
Große Cloud-Anbieter erwarten von ihren Partnern eine immer mehr Professionalisierung und setzen die Messlatten bei der Zertifizierung entsprechend hoch.
(Bild: © vectorfusionart - stock.adobe.com)

Ein Beispiel ist die erfolgreiche Reise der DZ Bank in die Public Clouds von Google und Microsoft, die vor kurzem auch Gegenstand der hauseigenen CCX 2021 Cloud Computing Conference war.

Aus der Perspektive der Partner dieser Hersteller ziehen mit zunehmender Marktdurchdringung der Cloud Angebote auch die Ansprüche der Hersteller an. Waren die Partnerprogramme der Hyperscaler anfangs noch gut beherrschbar, sind nun die Anforderungen der Hersteller an die Partner in jüngster Zeit deutlich angestiegen.

Hoher Einsatz wird erwartet

Beispielhaft für diese Professionalisierung steht Microsofts Programm „Azure Expert Managed Services Provider (MSP)“, das der Hersteller im Jahr 2018 eingeführt hat und dem in Deutschland inzwischen etwas über 30 Partner angehören, von denen wiederum einige international aktive IT-Dienstleister sind. Die Anforderungen an die Teilnahme im Programm sind durchaus hoch: Der Partner muss 15 Personen benennen, die aktuelle Azure-Zertifizierungen aus den Associate- und Expert-Stufen vorweisen können sowie einen durchschnittlichen monatlichen Azure-Umsatz in Höhe von 350.000 US-Dollar. Dazu müssen sie noch mindestens 25 betreute Kunden vorweisen können, die Azure-Dienste vom Partner beziehen.

Sind diese Anforderungen erfüllt, kann der Partner eine Bewerbung für dieses Programm auslösen und wird im nächsten Schritt von einer von Microsoft eigens beauftragten Beratungsfirma in einem Audit überprüft. Was den Partner im Audit erwartet, verrät eine Checkliste, die Microsoft bereitstellt und periodisch aktualisiert. Momentan greift Version 1.9 der Checkliste, die bis zum 31.12.2021 gültig ist.

Das verpflichtende Engagement mit der von Microsoft bestellten Beratungsfirma umfasst eine Überprüfung vor dem eigentlichen Audit, die mit 2.000 US-Dollar bepreist ist, danach steht eine Vorortbegehung beim Partner an, für die 6.000 US-Dollar zuzüglich Reisekosten und Spesen anfallen. Nach erfolgreich bestandenem Audit muss dieses im Dreijahresrhythmus wiederholt werden, um den Status beizubehalten.

Im Audit überprüft das Beratungsunternehmen die Professionalität des Partners anhand einer Checkliste, die 66 Punkte verteilt über sechs Abschnitte und vier Kategorien (0/1/2/3) abprüft. Alle Punkte der Kategorien 0 und 1 müssen erfüllt sein, in Kategorien 2 und 3 reicht die Erfüllung von 9 von 12 (Kategorie 2) sowie 2 von 5 Kriterien in Kategorie 3. Eine beispielhafte Anforderung aus der Kategorie 3 ist eine bestehende Zertifizierung des Partners nach ISO 27001, die anwendbar auf den Azure-MSP-Geschäftsbereich des Partners sein muss.

Audit und Zertifizierung sind (noch) nicht genug

Eine beispielhafte und gleichzeitig die kritischste Anforderung des Katalogs ist der Betrieb einer automatisierten Cloud Management Plattform (CMP), aufgelistet in Kategorie 0. Microsoft definiert diese Anforderung wie folgt genauer: „Der Partner muss eine automatisierte CMP betreiben, die mit der Microsoft Cloud Plattform integriert ist. Bei der CMP kann es sich um eine Kombination von eigenentwickelten Tools und APIs handeln, sowie Zusatzprodukte und APIs von Drittherstellern sowie Microsoft-eigene Tools“.

Der Partner muss während des Audits nachweisen, dass die Cloud Management Plattform bei mindestens 25 Kunden zum Einsatz kommt und die CMP die folgenden Funktionalitäten abdeckt: (1) Service Request Management, (2) Provisionierung, Orchestrierung und Automatisierung, (3) Governance und Policy, (4) Consumption Monitoring and Metering, (5) Resource Utilization Optimization, (6) Access Management sowie (7) Service-Level Management & Monitoring.

Hier zeigt sich eine große Herausforderung für Partner, die diesen Status erlangen möchten: Der Betrieb von silohaften, separaten Tools ohne gemeinsame Datenbasis reicht nicht aus, da Microsoft fordert, dass alle Werkzeuge und Systeme der Cloud Management Plattform miteinander integriert sind. Eine Eigenentwicklung eines Toolkits dürfte für die wenigsten Partner aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwands einen gangbaren Weg darstellen, es empfiehlt sich der Blick auf die bestehenden Angebote von Drittherstellern.

Werkzeuge für Perfektionisten

Der Markt für diese Tools – vom Analystenhaus Gartner als „Cloud Management Tooling“ bezeichnet, ist nicht gerade übersichtlich. In seinem aktuellen Report vom 8. April 2021 identifiziert Gartner insgesamt 19 Hersteller, die ganz oder teilweise die Anforderungen wie die von Microsoft an eine CMP Plattform erfüllen. In der Herstellerliste finden sich bekannte Namen wie BMC, IBM, Micro Focus, NetApp, Nutanix, ServiceNow und VMware. Die allermeisten dieser Hersteller haben nicht „das eine“ Werkzeug, das alle Anforderungen erfüllt, sondern bieten ein Konglomerat, das in Summe die Anforderungen erfüllen könnte.

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VMwares vRealize Automation bietet starke Features bei der Definition von eigenen Anwendungen, deckt aber nur Teilbereiche der von Microsoft geforderten Funktionalitäten ab.
VMwares vRealize Automation bietet starke Features bei der Definition von eigenen Anwendungen, deckt aber nur Teilbereiche der von Microsoft geforderten Funktionalitäten ab.
(Bild: vRealize Automation 8 - What's New Overview - VMware Cloud Management)

Repräsentativ hierfür ist der Hersteller VMware, der sage und schreibe gleich zwölf Werkzeuge bereithält, die in Summe dann die Anforderungen erfüllen könnten, aber keineswegs miteinander nahtlos integriert sind. Die wichtigsten dieser VMware-Tools sind vRealize Automation, Tanzu Observability und CloudHealth. Alle diese Werkzeuge haben ihre Berechtigung und sind insbesondere in VMware-lastigen Umgebungen nicht wegzudenken, als einfache Lösung für die Anforderungen von Microsoft kommen sie allerdings weniger in Frage.

Hybrid-Cloud-Management der nächsten Generation

Ein Hersteller sticht aus dem Analystenreport mit einer Lösung hervor, die nahezu alle Anforderungen mit einer einzigen Plattform erfüllen kann: Morpheus Data, das im Jahr 2014 aus dem Venture Capital Spezialisten Bertram Capital herausgegründet wurde. Das gleichnamige Produkt des Herstellers „Morpheus“, aktuell in Version 5.3 erhältlich, stellt eine einfach zu installierende und zu betreibende Cloud Management Plattform bereit. Der Hersteller bietet Morpheus als subscription-basiertes Produkt mit einer jährlich zu erneuernden Lizenz an und lizenziert es in verschiedenen Editionen auf Basis von Workload-Elementen (virtuelle Maschinen, Container, Applikationsumgebungen). Morpheus zeichnet sich durch eine breite Unterstützung von Public- und Private-Cloud-Anbietern aus. Neben Microsoft Azure, AWS und Google GCP können Service Provider auch Umgebungen auf Basis von Nutanix und VMware vollumfänglich anbinden und ihren Kunden ein Self-Service Portal mit weitreichenden Automatisierungs-, Orchestrierungs-, Optimierungs- und Governance-Funktionen bereitstellen.

Mit Morpheus können Managed Service Provider eine einfach zu bedienende Cloud Management Plattform bereitstellen, die neben den Hyperscalern auch VMware und Nutanix Umgebungen unterstützt.
Mit Morpheus können Managed Service Provider eine einfach zu bedienende Cloud Management Plattform bereitstellen, die neben den Hyperscalern auch VMware und Nutanix Umgebungen unterstützt.
(Bild: Morpheus Data)

In der höchsten Lizenzstufe („Morpheus Enterprise“) bringt die Plattform knapp 100 Integrationen mit gängigen Herstellern wie ServiceNow, Veeam oder Automatisierungstechniken wie Ansible und Terraform mit, ohne dass die Administratoren der Plattform hier eigenen Code schreiben müssen. In Summe kann das Werkzeug sechs von sieben Anforderungen von Microsoft hinsichtlich der CMP komplett und schlüsselfertig abbilden. Lediglich für den siebten Bereich („Service-Level Management und Monitoring“) ist die Integration mit weiteren Produkten notwendig. Diese ist aufgrund der in Morpheus bereits vorhandenen Schnittstellen zu Tools wie Splunk, Nagios oder DataDog sehr einfach zu vollziehen. Wenig überraschend ist daher, dass rund 30 Prozent der Kunden von Morpheus Data aus dem MSP-Umfeld kommen und sich einige bekannte Namen aus dem US-amerikanischen und britischen Service-Provider-Markt auf der Referenzliste finden.

Empfehlung: Tools nutzen!

Mit der steigenden Marktdurchdringung der Hyperscaler in den unterschiedlichsten Branchen sind die Ansprüche an Managed Service Provider ebenfalls deutlich angestiegen. Exemplarisch steht hierfür Microsofts High-End-Programm „Azure Expert Managed Services Provider (MSP)“, bei dem der Hersteller hohe Anforderungen an seine Partner stellt. Durch den geschickten Einsatz passender Werkzeuge können sich Service-Provider-Partner das Leben erheblich erleichtern und die Akkreditierung durch den Hersteller beschleunigen.

Prof. Dr. Jens-Henrik Söldner, Söldner Consult GmbH.
Prof. Dr. Jens-Henrik Söldner, Söldner Consult GmbH.
(Bild: Söldner Consult)

* Der Autor Prof. Dr. Jens-Henrik Söldner ist Leiter des Geschäftsbereichs Infrastruktur bei der Söldner Consult GmbH. Er hält sämtliche relevante Zertifizierungen im Virtualisierungsumfeld und gehört als langjähriger VMware Mentor Instructor und Associate VCI mit 20-jähriger IT-Praxis zu den profiliertesten Virtualisierungs-Trainern in Europa. Neben seiner Tätigkeit als Consultant und Trainer unterrichtet er Fakultät für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule in Ansbach.

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