Das Startup Cubbit und das Konzept der „Distributed Cloud“ Stromspar-Cloud ohne Rechenzentrum
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„Kein Vorwissen. Keine Gebühren.“ Mit diesem Slogan wirbt das italienische Startup Cubbit für seine gleichnamige Speicherlösung – und will riesige Rechenzentren für Cloud-Speicher obsolet machen. Dafür setzt es auf eine Cloud mit Schwarmintelligenz.

Cloud-Services zum Speichern eigener Daten sind mittlerweile weit verbreitet. Doch verglichen mit der Kapazität einer modernen Festplatte ist der Speicherplatz vieler Cloud-Angebote ein Witz. Anders ausgedrückt: Wer den Großteil seiner Daten im Wolkenspeicher ablegen will und ein entsprechend großes Kontingent bucht, muss für die dann anfallenden Gebühren recht tief in die Tasche greifen. Das gilt nicht zuletzt für Unternehmen, die beispielsweise von mehreren Standorten auf Projektdaten zugreifen wollen.
Was Anwendern zudem verborgen bleibt: Die riesigen Cloud-Rechenzentren verbrauchen viel Energie. „Aktuellen Studien nach ist der IKT-Sektor für etwa zehn Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich – wovon 30 Prozent auf Cloud-Dienste entfallen“, sagt Stefano Onofri, CEO des italienischen Speicher-Startups Cubbit.
„Radikale Alternative zu bestehenden Cloud-Angeboten“
Hinzu kommt: Nutzer geben ein Stück weit die Kontrolle über ihre Daten aus der Hand - zumindest, wenn sie diese nicht zunächst sicher verschlüsseln. „Wir haben uns daran gewöhnt, etwas Platz in irgendeinem Rechenzentrum zu mieten“, sagt Stefano Onofri, CEO von Cubbit. „Wir bezahlen mit unseren Daten und dem hart verdienten Geld, wenn uns der Platz ausgeht.“ Letztendlich seien diese Cloud-Dienste wie eine Maschine, die von Daten und monatlichen Gebühren angetrieben wird.
Das italienische Startup will dieser Entwicklung eine „radikale Alternative“ gegenüberstellen: Das Recycling ungenutzter Ressourcen von Rechnern und Komponenten, die an das Internet angeschlossen sind – CPU-Rechenkapazität, Übertragungsbandbreite und lokaler Speicher. Damit wollen die Italiener die erste Cloud aufbauen, die kein Rechenzentrum benötigt und viel Energie spart. „Das ist Cubbit: eine verteilte, grüne, kostenlose Cloud-Plattform, auf der die Benutzer endlich die Kontrolle über ihre eigenen Daten haben“, sagt Onofri.
Peer-to-Peer-Cloud ist eigentlich nichts Neues
Dieser marketingtypischen Positionierung ist entgegenzusetzen, dass es die Idee einer Peer-to-Peer-Cloud auf Basis verteilter Rechnerressourcen längst gibt. Beispielsweise haben Ozalp Babaoglu and Moreno Marzolla von der Universität Bologna in Italien 2014 einen interessanten Beitrag im IEEE Spectrum-Magazin zum Thema Peer-to-Peer-Cloud veröffentlicht.
Allerdings kann Cubbit einen wichtigen, möglicherweise entscheidenden Vorteil verbuchen: die laut seiner Schöpfer einfache Handhabung. Gerät an den Internet-Router anschließen, Benutzerkonto einrichten, fertig. Hinzu kommt, dass bei Cubbit klar das Thema Speicherplatz im Vordergrund steht, weniger das Zusammenfassen der einzelnen freien Processing-Kapazitäten.
„Paradigmenwechsel im Bereich Cloud Storage“
Tatsächlich sei „Cubbit keine bessere Cloud-Speicherplattform“, sagt Marco Moschettini, CTO des Unternehmens. „Es ist etwas ganz Neues: ein Paradigmenwechsel im Bereich Cloud Storage.“ Seinen Worten nach ist Cubbit die einzige Plattform, auf der Anwender ihre Daten kostenlos und absolut vertraulich speichern – und „gleichzeitig dem Planeten helfen können“. Möglich mache dies die Cubbit Cell: Der kleine, sechseckige Kasten hat etwa die Größe einer Apple-TV-Streaming-Box. Geografisch verteilte, ans Internet angeschlossene Cubbit Cells bilden die Knotenpunkte in der verteilten Cubbit-Architektur.
Eine Cubbit Cell basiert auf einem sparsamen ARM Cortex A53 Dual-Core-Prozessor, der mit bis zu 1,2 GHz taktet und auf 1 GByte Arbeitsspeicher zugreifen kann. Die Verbindung zum WLAN-Router erfolgt per Gigbit-Ethernet-Anschluss. „Jede Zelle bietet 512 GByte internen Cloud-Speicherplatz“, erläutert Alessandro Cillario, COO von Cubbit. Dieser sei durch Anschließen externer Festplatten per USB 3.0 leicht auf bis zu 4 TByte erweiterbar.
Pro Zelle lassen sich vier Konten einrichten, beispielsweise für Familienmitglieder oder unabhängige Projektteams. Der Zugriff auf die eigenen Daten erfolgt per Mobile- oder Desktop-App. Darüber lassen sich laut Cubbit von überall typische Cloud-Funktionen steuern, etwa Synchronisierung, Backup und Dateifreigabe.
Datenschutz und Fehlertoleranz im Fokus
Moschettini betont, dass bei der Entwicklung von Cubbit der Datenschutz im Fokus stand. Demnach schützt Cubbit Dateien mit drei Sicherheitsstufen. Es teilt jede Datei zunächst in Dutzende Blöcke auf. Jeder dieser „Chunks“ wird anschließend per AES256 verschlüsselt und schließlich über Ende-zu-Ende verschlüsselte Kanäle über das Internet im Netzwerk der Cubbit Cells verteilt. Nur autorisierte Anwender haben den Schlüssel, mit dem sich die Dateien wieder zusammensetzen lassen. Dieser Vorgang erfolgt transparent in ihrer Cubbit Cell. „Außer dem autorisierten Benutzer kann niemand – auch nicht wir – auf seine Dateien zugreifen“, sagt Moschettini.
Die verteilte Architektur sei zudem fehlertolerant ausgelegt: Selbst wenn die eigene Cubbit Cell ausfalle, bestehe Zugriff auf die eigenen Daten. "Tatsächlich sind auf der eigenen Cell nicht die vollständigen eigenen Dateien abgelegt, sondern eben unlesbar verschlüsselte Chunks sowohl von eigenen Files und denen anderer Nutzer", sagt erklärt der Cubbit-CTO.
Zehnmal geringerer Stromverbrauch
Im Vergleich mit aktuellen, auf einem oder mehreren Rechenzentren fußenden Cloud-Diensten soll Cubbit rund zehnmal weniger Strom für das Speichern und Vorhalten von Dateien verbrauchen. Die Berechnung dazu hat das Cubbit-Team in einem ausführlichen Dokument publiziert. „Für 200 GByte in Cubbit gespeicherter Daten spart die Welt etwa die Menge an Energie ein, die ein Kühlschrank in einem Jahr verbraucht“, sagt Cillario.
Die Plattform befindet sich nach Aussagen der Cubbit-Manager seit einigen Jahren in der Entwicklung und wurde intensiv getestet. Mittlerweile ist das Netzwerk in acht Ländern in Betrieb. Das „Flagschiff Cubbit Cell“ (Moschettini) wird bald auf der Kickstarter-Plattform um eine Anschubfinanzierung buhlen. Die Macher haben mit ihrer Lösung Großes vor. „Das ist unsere Chance, das Internet so zu gestalten, wie es schon immer sein sollte: frei, nicht im Besitz von Unternehmen.“
*Diesen Beitrag haben wir von unserem Partnerportal Elektronikpraxis übernommen (verantwortlicher Redakteur: Michael Eckstein).
Update aus der Redaktion (vom 3. März 2019): Wie im Artikel schon erwähnt, Cubbit startete am 26. Februar 2019 eine Finanzierungsrunde auf Kickstarter, mit dem Ziel insgesamt 50.000 US-Dollar im Schwarm-Verfahren für die weitere Entwicklung des Projekts zu sammeln. Das gesteckte Ziel wurde bereits nach rund einer Stunde erreicht!
Ein Grund mehr, sich das Projekt noch einmal näher anzusehen. Weitere Informationen über das erfolgsversprechende Konzept und die Idee hinter Cubbit findet sich nun auch im Wolkenwalzer Blog [to be continued].
Am 31.3.2019 endete nun die Finanzierungsrunde von Cubbit auf Kickstarter, mit einem großen Erfolg. Details hierzu finden sich ebenfalls auf Wolkenwalzer.
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