Innovationsschub im Mittelstand High-Tech via Cloud kann jeder haben

Von Daniel Unkelhäußer*

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In einer Untersuchung Ende letzten Jahres hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf das Dilemma aufmerksam gemacht, in das mittelständische Unternehmen durch Corona geraten sind. Demnach haben nur 47 Prozent der Mittelständler ihre geplanten Investitionen 2020 umgesetzt!

Alle heute zur Verfügung stehenden modernen Technologien sofort zu nutzen, ist auch für KMU via Cloud und As-a-Service-Bereitstellung möglich.
Alle heute zur Verfügung stehenden modernen Technologien sofort zu nutzen, ist auch für KMU via Cloud und As-a-Service-Bereitstellung möglich.
(Bild: ©serpeblu - stock.adobe.com)

Daraus zieht die Organisation unter anderem den Schluss, dass sich die Unternehmen in der Krise eher auf finanzielle Absicherung konzentrieren, als in Zukunftsprojekte zu investieren. Diese Haltung ist angesichts der unsicheren Lage verständlich. Fatal wirkt der Investitionsaufschub allerdings angesichts des Wettbewerbs, der durch die Digitalisierung ungeheuer an Dynamik gewonnen hat und der trotz Corona nicht zum Stillstand gekommen ist.

Cloud alleine macht noch keine Innovation

Doch wie können sich mittelständische Unternehmen jetzt aufstellen, um die Innovationshemmung zu überwinden? Wenig geholfen ist ihnen mit dem immer wiederholten Aufruf, sie müssen jetzt alles auf die Cloud setzen, massiv in KI, Robotik und Machine Learning investieren, um die digitale Transformation zu beschleunigen. Diesen Ruf haben sie schon oft gehört und die Bedeutung der neuen Technologien sicherlich verstanden. Doch gilt es, diesen Appell auch mit der Realität im Unternehmen in Einklang zu bringen.

Diese Realität unterscheidet sich beträchtlich von den agilen Start-ups. Die Mittelständler beginnen nicht auf der grünen Wiese, sie haben über die Jahre Systeme und Prozesse aufgebaut, auf denen ihr Erfolg gründet. Gerade in dieser Zeit sind sie mehr denn je auf diese Legacy angewiesen, um das Brot- und Butter-Geschäft abzusichern. Kein Unternehmen kann es sich leisten, das alles vom Tisch zu fegen und sich von heute auf morgen als Start-up aufzustellen. So wird der Wandel nicht funktionieren, von Ausnahmen vielleicht abgesehen.

Wandel, aber wie?

Wie aber dann? Zunächst geht es um die Fragen, die mittelständische Unternehmen immer beschäftigen und deren erfolgreiche Beantwortung viele von ihnen in der Vergangenheit zu Hidden Champions gemacht hat: Wie kann ich effizienter, schneller, größer werden? Und wie kann ich erfolgreich in neue Geschäftsbereiche vordringen? Erst von hier aus richtet sich der Blick auf die Mittel und Wege, diese Fragen zu beantworten – also auf die neuen Lösungen, die der Markt heute bereitstellt. Dabei zeigt sich, dass das Neue meist „as a Service“ verfügbar ist, was wiederum Vorteile mit sich bringt, wie geringere Kosten und schnellere Umsetzbarkeit.

Dann aber kommt die entscheidende Wendung: Das Unternehmen steht jetzt vor der Frage, ob es diese neuen Lösungen so auch erfolgreich nutzen kann. Und das ist der Punkt, an dem der vielzitierte Wandel ansetzen muss. Sind die etablierten Prozesse noch geeignet dafür und wie müssen sie geändert werden? Sind die richtigen Skills vorhanden und welche müssen aufgebaut werden? Und: Herrscht im Unternehmen überhaupt eine Kultur, die Veränderungen unterstützt?

Vom Prozess zur Innovation

Ein einfaches Beispiel: Bevor Schokoladetafeln in die Supermärkte kommen, muss geprüft werden, ob Form, Farbe und Verpackung dem Qualitätsstandard entsprechen, den die Kunden erwarten. Häufig sind es Mitarbeiter am Band, die die Mängelexemplare aussortieren. Die Aufgabe ist monoton, arbeitsintensiv und fehleranfällig. Kann dieser Prozess kostengünstiger, schneller und fehlerfreier mit Hilfe von Technologie durchgeführt werden? Die Antwort: Ja, es gibt mittlerweile sogenannte Visual-Recognition-Technologien, die auf Basis von Machine-Learning-Modellen solche Sortierprozesse übernehmen können. Die Mitarbeiter werden dadurch entlastet und können für andere Aufgaben eingesetzt werden.

Jetzt die Frage: Was muss im Unternehmen verändert werden, damit die neuen Möglichkeiten genutzt werden können? Die Antwort führt uns zuerst zur Kultur: Das Unternehmen braucht Menschen, die diese Möglichkeiten erkennen und Ideen dazu entwickeln. Und diese Ideen müssen auf Unterstützung stoßen. Gefragt ist also einen offene Innovationskultur, die auf übergreifende Zusammenarbeit ausgerichtet ist und neue Ideen begrüßt und fördert.

Ist das Unternehmen aber auch bereit, die technische Lösung effizient auf den eigenen Bedarf anzuwenden? Prinzipiell besteht die Möglichkeit, sich die Lösung auf eigenen Systemen aufzubauen. Dieser Weg ist aber teuer und langwierig. Hardware und Software müssten lizenziert und implementiert werden und es bräuchte die Skills, um die KI zu modellieren. Über „As-a-Service“-Angebote lässt die KI-Lösung schnell und kostensparend über die Cloud nutzen. Eine Nutzung „as-a-Service“ würde dann neben der angestammten Unternehmens-IT aufgebaut werden. Ein solchen Bereich für Innovationen aus der Cloud müssten die Unternehmen einrichten und unterstützen.

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Man sieht daraus, dass die genannten Voraussetzungen für Innovationen – Kultur etablieren, Ideen fördern, Raum und Ressourcen zur Verfügung stellen – nicht zu hochgesteckt sind, wenn man sie auf konkrete Verbesserungen bezieht. Das Resultat in diesem Fall wäre: Der Schokoladenhersteller nutzt eine ML-Lösung, um die Qualitätsprüfung zu verbessern, fehlerfreier zu gestalten und Kosten zu sparen. Von der Idee bis zum Regelbetrieb könnte so ein Projekt binnen weniger Monate umgesetzt werden.

Digitale Spitzentechnologie auch für Mittelständler einsatzbereit

Das hört sich einfach an – und ist es auch. Ein großer Vorzug des Bezugs von Rechenleistung, Bandbreite und Anwendungen über die Cloud besteht darin, dass digitale „High-Tech“ wie Künstliche Intelligenz und Machine Learning nicht mehr allein für Großkonzerne mit eigenem Riesenrechenzentrum, speziellem Fachpersonal und entsprechendem Investitionsmöglichkeiten reserviert ist. Jedes Unternehmen, egal welcher Größe, kann sie nutzen.

Technisch funktioniert die Nutzung über Anwendungsschnittstellen, sogenannte APIs, die das Unternehmen mit der Anwendung verbinden. Auch die Kostenmodelle für die Nutzung zielen auf Machbarkeit ab, abgerechnet wird in der Regel nach Verbrauch etwa in Form von Datenvolumen oder zeitlicher Nutzung.

Was die Skills betrifft: Hier lohnt es sich durchaus für Unternehmen für die Zukunft in entsprechende Daten-Talente zu investieren, keine Frage, denn neue Geschäftsmodelle werden ganz wesentlich auf dieser Spielwiese entstehen. Aber um innovativ zu werden müssen Unternehmen nicht darauf warten, diese derzeit raren Ressourcen an Bord zu haben. Einerseits sind viele der über die Cloud angebotenen Lösungen mittlerweile extrem nutzerfreundlich, so dass auch ein technisch versierter Mitarbeiter sich da hineinfuchsen kann. Oder es helfen Partner, die auf Digitalinnovationen spezialisiert sind. Agenturen wie Aperto bringen in der Regel Werkzeuge mit, durch die jedes Unternehmen sehr schnell zu umsetzbaren Ergebnissen kommt. Die Stichworte hier lauten hier etwa Design Thinking und Minimum Viable Prototype.

Ein breites Spektrum an Möglichkeiten

Das Spektrum an Möglichkeiten, das sich Unternehmen jeder Größenordnung hier eröffnet, ist weit. So hat zum Beispiel die QNC GmbH mit Hilfe von KI einen Weg gefunden, kleinen Unternehmen erschwingliche Rechtsdienstleistungen online zu Flatrate-Preisen anzubieten. Gegen einen monatlichen Pauschalpreis erhalten Kunden Rat in bis zu 45 Rechtsgebieten. Mithilfe der IBM Watson KI-Tools können die Anwälte Kundenfragen mit den 180.000 bereits beantworteten und in einer öffentlichen Datenbank gespeicherten Fragen vergleichen und dadurch Kundenfragen innerhalb von weniger als einer Stunde beantworten. Dieser schnelle und kostengünstige Zugang zu Rechtsberatung ist einmalig.

Willkommene Einstiegsprojekte, weil sie so gut wie in jedem Unternehmen vorkommen, liegen beispielsweise auch im Bereich Kundenservice. Gerade hier haben es die Mitarbeiter zu einem sehr hohen Prozentsatz mit immer wiederkehrenden Fragen zu tun. Mit Hilfe von Chatbots lässt sich dieser Aufwand heute leicht und in kurzer Zeit intelligent automatisieren. Die MAINGAU Energie beispielsweise konnte in weniger als einem Jahr für Serviceanfragen via Telefon oder Chat eine KI-Assistenz in Betrieb nehmen, die heute einen Großteil einfacher Kundendialoge fehlerfrei übernimmt.

Es gibt auch mittelständische Unternehmen, die Digitaltechniken wie KI auf einfallsreiche Weise sehr nah an den Kern ihres Geschäftsmodells bringen. Ein Beispiel dafür ist Philyra des in Minden ansässigen Herstellers von Duft- und Aromastoffen Symrise. Das KI-System lernt aus Duftformeln, Rohstoffen und historischen Daten sowie Branchentrends und kreiert darauf aufbauend eigene Düfte. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für ganz neue Angebote, wie etwa die Schöpfung individueller Kundendüfte.

Cloud ebnet direkten Weg zur Innovation

In Zukunft werden die allermeisten Neuerungen im Unternehmen über „As-a-Service“-Lösungen in das Unternehmen kommen. Das Portfolio an Technologien wächst buchstäblich täglich, der Zugang ist sehr direkt: Auf der Cloud-Website von IBM etwa benötigt der Nutzer nur wenige Klicks, danach kann er schon kostenlose Trials beginnen.

Die Cloud macht den Weg zu Innovationen für Mittelständler heute direkter und vielseitiger denn je. Allerdings: Je mehr Lösungen, desto mehr unterschiedliche Anbieter auf unter Umständen unterschiedlichen Public Clouds gilt es übergreifend zu orchestrieren. Das führt zu neuer Komplexität und neuen Fragen: Wie lassen sich Anwendungen von einer Cloud in die andere verschieben? Wie lässt sie sich bei Bedarf skalieren, zum Beispiel wenn Mitarbeiter pandemiebedingt ins Homeoffice abrücken müssen? Wie lassen sich unnötige Vendor-Lock-Ins vermeiden?

Daniel Unkelhäußer, IBM Deutschland GmbH.
Daniel Unkelhäußer, IBM Deutschland GmbH.
(Bild: IBM)

Fragen wie diese erfordern einen strategischen Ansatz für das Thema Cloud-Computing. Eine Richtung, in die Unternehmen dabei denken sollten, ist ein Hybrid-Cloud-Strategieansatz. Dieser Ansatz sollte es ihnen ermöglichen, ihre wachsende Cloud-Landschaft auf einer Plattform zusammenzubringen, die sich zentral managen lässt, innerhalb derer sich unterschiedliche Clouds bedienen lassen können, die benötigten Daten etwa für KI und ML zur Verfügung stellt, und zudem für die nötige Sicherheit sorgt. Ein Beispiel für eine solche Plattform ist IBM Red Hat Openshift. Red Hat hat zudem den Vorteil, auf Open Source zu basieren (vermeidet Vendor-Lock-Ins) und ein großes Ökosystem an Lösungsanbietern mitzubringen.

Viele Unternehmen haben während der Pandemie aus der Not heraus die Vorzüge der Cloud für schnelle Veränderungen kennen und schätzen gelernt. Diese Dynamik gilt es auszubauen – auch für die Zeit danach.

* Der Autor Daniel Unkelhäußer ist Chief Digital Officer für IBM DACH.

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