Nachgefragt bei den Rektoren Was ist bloß los mit der Cloud in der Schule?
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Schulen müssen digitalisieren, das hat uns die Corona-Krise schmerzhaft vor Augen geführt. Da die von den Schulbehörden eingesetzten Cloud-Plattformen hoffnungslos überfordert sind, haben viele Lehrer eigene Lösungen installiert. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Wenn Sie Kinder im schulfähigen Alter haben, kennen Sie die Probleme des Homeschoolings mittlerweile „aus dem ff“. Dringendste Baustelle: Egal ob Sie in Bayern oder Berlin zuhause sind, die von den Kultusminiserien eingerichteten Cloud-Plattformen funktionieren nicht. Einerseits sind sie schwer zu bedienen, zum anderen – und das ist viel schlimmer – brechen sie unter der Last der vielen Zugriffe beständig zusammen.
Warum haben die Ministerien für diesen Schrott teils sehr viel Geld ausgegeben? Weil sie es immer so machen. Diese zynische Antwort trifft leider den Kern, egal ob es um IT für die Bundeswehr, die Gesundheitskarte, die PKW-Maut oder irgendein anderes vergleichbares Vorhaben geht– sobald die Politik IT-Projekte anschiebt, scheitern sie so grandios, dass es eigentlich zum Lachen ist - wenn es sich nicht um unser aller Steuergeld handeln würde.
Die Gründe dafür wurden ausführlich an anderen Stellen wie etwa bei eGovernment Computing oder beim bekannten IT-Experten Stefan Pfeiffer erörtert: Politiker haben keine Ahnung von IT und haften nicht für ihre Entscheidungen; die Bürokratie verlangsamt des Entstehungsprozess soweit, dass das Projekt nicht mit neuen Gegebenheiten klarkommen kann; bei Ausschreibungen bekommt nicht der beste, sondern der billigste Anbieter den Zuschlag; etc. etc.
Schul-Clouds aller Art sind Rohrkrepierer
So ärgern sich Lehrer und Schüler in Deutschland mit Schul-Clouds wie „logineo“ (Nordrhein-Westfalen), „Lernraum Berlin“, „Moodle“ (Sachsen-Anhalt), „Lernsax“ (Sachsen) oder „Mebis“ (Bayern) herum. In Baden-Württemberg wurde „ella“ 2018 noch kurz vor dem Start wieder eingestampft. „Fast ein Jahr nach Beginn der Pandemie sind unsere Schulen noch immer nicht in der Lage, flächendeckend digitalen Fernunterricht anzubieten. Ein Hauptproblem sind die Plattformen der Bundesländer, die den großen Nutzerzahlen vielfach nicht gewachsen sind und unter der Belastung zusammenbrechen“, schimpfte unlängst Bitkom-Präsident Achim Berg.
Das Bundesbildungsministerium für Bildung und Forschung sucht zu retten, was zu retten ist, und setzt dabei auf eine eigene, vom Hasso-Plattner-Institut entwickelte „Schulcloud“, die bereits in Brandenburg Verwendung findet. Sie soll mittlerweile eine Million Nutzer haben, vergrößert aber das Problem der Fragmentierung nur weiter. Berg fordert daher eine „nationale Bildungsplattform“ und ein deutschlandweit nutzbares digitales Lernsystem: „Gute Lösungen, die sich bereits bewährt haben, müssen nicht verworfen werden, sondern können in die Entwicklung einer nationalen Bildungsplattform eingebracht werden. Die Digitalisierung der Schulen darf nicht am föderalen Klein-Klein scheitern, sondern erfordert einen gemeinsamen Kraftakt von Kommunen, Ländern und Bund.“
Die nationale Plattform sollte aus Bitkom-Sicht so gestaltet werden, dass auch länder- und schulspezifische Lehrinhalte und Konzepte ihren Platz finden. Zur Finanzierung der digitalen Bildungsinhalte und Lernsysteme müssten zusätzliche Haushaltsmittel eingeplant werden. Zu klären sei, ob digitale Lernmaterialien über die Länder beziehungsweise Kommunen eingekauft werden oder ob den Schulen ein eigenes Budget zur Verfügung steht. Das kann dauern.
Lehrer zeigen sich engagiert und flexibel
Was aber tun die Lehrkräfte und die ihnen anvertrauten Schüler in der Zwischenzeit? Sie können auf keine noch so vielversprechende Lernplattform warten, sei sie nun national oder auf Landesebene unterwegs. Sie nutzen vielmehr und tatsächlich Software-Anwendungen wie „Teams“, „Padlet“, „BigBlueButton“, „Homeworker“ oder sogar verbotenerweise „WhatsApp“, um zu lernen und zu kommunizieren. Damit halten zig(hundert)tausende Lehrkräfte in Deutschland unter großen persönlichen Einsatz den Schulbetrieb auch in der Krise aufrecht.
Im Gespräch zwischen CloudComputing-Insider und Schulleitern sowie Lehrkräften aus Bayern – deren Namen sie aus verständlichen Gründen nicht genannt haben wollen, schließlich sind sie Beamte – wird klar, dass der Lehrkörper genauso händeringend wie berechtigterweise nach einer brauchbaren Plattform Ausschau hält, die diese Kommunikation vereinheitlicht und sehr viel einfacherer sowie vor allem sicherer macht.
Dabei hat man schon viel versucht: Aller Orten wurden im Frühjahr 2020 durch die Kultusministerien Sonderbudget aufgelegt, und aus diesen Leih-Tablets angeschafft, die von den Schülern auch eifrig genutzt werden. Was fehlt ist ein einheitliches Konzept, das die vielen im Zuge der Krisenbewältigung entstandenen Insellösungen vereint und hilft, die neu entstandenen drängenden Probleme mit Datenschutz und Interoperabilität zu lösen. Da sind die Lehrkräfte ganz bei Achim Berg.
Einfachheit wäre wichtig
Dabei ist es den Lehrkräften wichtig, ihren eigentlichen Job nicht vernachlässigen zu müssen: Die Erziehung von Kindern jeden Alters. Sie wollen sich nicht zum Systemadministrator weiterbilden müssen, um diesen Job ausüben zu können. Im Gegenteil: Eine brauchbare Lösung soll ihnen endlich viele lästige Arbeitsschritte abnehmen, die im Zuge der „wilden“ Digitalisierung an Schulen entstanden sind. Eine Gesamtlösung müsste ihnen die Freiheit zu Lehren geben und nicht mit zusätzlichen Aufgaben, die eigentlich technischen Fachleuten aufgebürdet gehörten, belasten. In anderen Worten: Sie brauchen ein wirklich leicht zu bedienendes Gesamtkonzept für das digitale Lernen bzw. Lehren. Und wenn es doch einmal irgendwo hakt einen jederzeit erreichbaren Ansprechpartner, der mit schnellem Rat und praktischer Tat zur Seite steht. Dies sei bei den heute eingesetzten (Teil-)Lösungen in der Regel nicht gegeben oder mangelhaft.
Keine Schule ist wie die andere
Und weil keine Schule wie die andere ist muss eine potenzielle Gesamtlösung auch noch die technischen und pädagogischen Gegebenheiten und Pläne jeder einzelnen Schule berücksichtigen können, sie muss quasi maßgeschneidert sein. Der Anbieter hinter der Gesamtlösung sowie seine Implementierungspartner müssten die Situation „ihrer“ Einzelschule verstehen und entsprechende Lösungen umsetzen können.
Sichere Kommunikation kann es nicht zum Nulltarif geben
Und das Ganze zu Kosten, die Schulleiter und die dahinterstehenden Kommunen nicht in den Ruin treiben. Aktuell werden wie gesagt an Deutschlands Schulen viele Einzellösungen eingesetzt, die oftmals kostenlos offeriert werden. Das größte Problem dabei ist aber: Über den Datenschutz darf man noch nicht einmal nachdenken, sonst stünde man schon mit einem Bein im Kittchen. Und dass die kostenlosen Anwendungen nicht besonders stabil laufen, haben die Anwender längst schon leidvoll erfahren müssen. Zum Nulltarif ist damit erwiesenermaßen keine brauchbare Lösung zu bekommen, andererseits darf das Budget einer Schule durch eine gute Gesamtlösung nicht überstrapaziert werden.
Eine neue Lösung muss auch die alten miteinbeziehen, sowie die künftigen
So haben Lehrer zwangsläufig verschiedene digitale Kanäle eröffnet, um mit Ihren Schülern und Kollegen kommunizieren zu können. Diese Diversifizierung der digitalen Kommunikation ist aber gar nicht im Sinne des 2018 verabschiedeten DigitalPaktes Schule, der die digitale Infrastruktur – das entspricht er Kombination aus Hardware und Software - „technologieoffen, erweiterungs- und anschlussfähig an regionale, landesweite oder länderübergreifende Systeme“ gestaltet sehen will.
Eine für sie brauchbare Lösung muss an bestehende Installationen anknüpfen können – Stichwort Integration. Schließlich wollen die Lehrkräfte die wertvollen Lerninhalte, die sie seit Monaten aufbereitet haben, nicht verloren geben, sondern vielmehr darauf aufbauen. Sie müssen auch an neue, qualifizierte und bestenfalls zertifizierte Lerninhalte anknüpfen können, am besten an großenteils bereits bestehende Pools aus Lehrmaterial und -mitteln, von denen sie unkompliziert und schnell die gerade für sie passenden Inhalte beziehen und weitervermitteln können. Auch neue und überarbeitete Lehrmaterialien müssen in Zukunft ganz leicht und hürdenlos integriert werden können.
Der Datenschutz ist das A und O einer brauchbaren Lösung
Zurück zum drängendsten Problem der heute tatsächlich eingesetzten Teillösungen: Niemand muss einem Lehrer erklären, wie wichtig der Datenschutz für ihn und seine Schüler ist. Nicht nur, weil der Gesetzgeber das so verlangt – die Lehrer kennen die Probleme des Datenschutzes aus ganz eigener Erfahrung: Die pädagogisch fundierten Gespräche, die sie mit Ihren Kollegen über einzelne Schüler führen, dürfen unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen. Das leuchtet jedem Elternteil umgehend ein und ist nicht weiter erklärungsbedürftig.
Deswegen und darüber hinaus gibt es Vorgaben wie die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (DSGVO), mit der die Verarbeitung personenbezogener Daten, sowohl private wie öffentliche, EU-weit vereinheitlicht und abgesichert wird. Die Schulen stehen datenschutzrechtlich laut DSGVO Art. 25, Absatz 1, Satz 1, sogar besonders in der Pflicht. Doch seien wir ehrlich: Für die Umsetzung wurden die Lehrer bislang weitgehend allein gelassen. So wird vielerorts „Microsoft Teams“ genutzt, obwohl US-amerikanische Unternehmen den erforderten Datenschutz bekanntermaßen gar nicht leisten können oder wollen.
Entsprechend groß ist die Unsicherheit beim Lehrkörper, wie und welche Systeme, Geräte und Anwendungen im Unterricht eingesetzt werden dürfen. Dabei stehen Lehrer wie gesehen in der Pflicht, die zunehmenden Nutzung digitaler Hilfsmittel – Tablets, Clouds, digitales Klassenbuch, Online-Plattformen, etc. – und die dabei verwendeten Daten abzusichern. Das ist erfahrungsgemäß und ohne Zweifel nur mit der Kontrolle über Zugriffsrechte und -möglichkeiten möglich. Eine praktikable Gesamtlösung muss Ihnen das einfache Management von Benutzerkonten und Zugriffsrechten erlauben, nur so stellen Sie sicher, dass Unbefugte nicht an für Sie nicht bestimmte Informationen kommen können. Davon sind die heute eingesetzten Teillösungen weit entfernt.
Die Lösung wird nicht einfach
Damit ist auch klar geworden, dass es an einer praktikablen Gesamtlösung mangelt, da hat Berg vom Bitkom zweifelsohne recht. Ihre Eigenschaften sind nochmals schnell skizziert: Eine einfache Installation unter Mithilfe von Technologiepartnern, die den Lehrkräften während der gesamten Laufzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und zwar zu vernünftigen Kosten. Einfache Bedienung und Zusammenarbeit mit bestehenden sowie neuen Quellen für Lehrinhalte und Kanälen zu Schülern und Kollegen. Einfach zu nutzende Hardware. Absolut sichere Software, die alle Aspekte des Datenschutzes berücksichtigt.
Tatsächlich gibt es bereits entsprechende Lösungspakete, so etwa das von der Telekom und Samsung vorgestellte „Samsung Neues Lernen“, bestehend aus Hard- und Software (und nicht nur aus einer App) oder die Initiative „Edu-sense“ von Anika Buche, einer Lehrerin. Mehr Lösungsvorschläge würden bei einer Ausschreibung unweigerlich vorstellig werden. Hier wäre keine Entwicklungsarbeit mehr zu leisten.
Oder die Politik greift die von Bitkom-Chef Berg geforderte nationale Bildungsplattform auf und verwirklicht sie. Aber haben wir schon erwähnt, dass vom Bund initiierte Projekte selten erfolgreich sind? Also vielleicht doch auf eine kommerzielle Lösung setzen? Besser wäre das. Aber ehrlich: Selbst das bekommen unsere Kultusminister augenscheinlich nicht hin, da kann der Bitkom-Vorstand fordern was er will.
So schließen wir mit einem Salut an unsere Lehrerinnen und Lehrer, die sich trotz aller Widrigkeiten mit ihren Schülern und Kollegen auf Wegen verbinden, die oft nur sie kennen. So sorgen sie dafür, dass aktuell wenigstens noch etwas Wissen vermittelt werden kann. Danke!
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Schul-Cloud des HPI
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