Automotive Clouds Teil 1 – Mercedes-Benz Modernes Autofahren mit Cloud-Services
Einen Parkplatz suchen, eine E-Ladesäule finden, einen Stau umfahren, E-Banking machen – all das ist bereits im Auto realisierbar. Die Fahrzeughersteller nutzen die Vorteile der Cloud selbst auf vielfältige Weise, um ihre Betriebskosten zu dämpfen und ihre Partner besser anzubinden. Über die Cloud stellen sie ihren Kunden zahlreiche Services zur Verfügung, die diese in ihren jeweiligen Fahrzeugen direkt nutzen können.
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Zunächst einmal nützt die Cloud in vielerlei Hinsicht den Herstellern selbst. „Mithilfe moderner Cloud-Technologien können Automobilhersteller schneller, effizienter, kostengünstiger und in besserer Qualität produzieren“, resümiert Constantin Gonzalez, Principal Solutions Architect bei Amazon Web Services (AWS). „Denn durch die Vernetzung von Maschinen, Anlagen und Sensoren lassen sich Daten über die gesamte Produktions- und Lieferkette hinweg in einem gemeinsamen Data Lake zusammenführen und analysieren.“ Das erfolgt seit März 2019 unter anderem in der Industry Cloud der Volkswagen Group. Der Vorteil: „Dies eröffnet neue Möglichkeiten für eine Prozess-übergreifende Transparenz, Kollaboration und Optimierung, von der einzelnen Maschine über den lokalen Standort bis hin zur gesamten Supply Chain.“
Win-win für Hersteller und Kunden
Die Nutzung der Cloud beschleunigt nicht nur das Design und die die Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle, sondern auch die Produktion mithilfe neuester Technologien. „Schon heute“, so Gonzalez weiter, „sehen wir Kunden aus der Automobilbranche mithilfe von IoT, Machine Learning und Big-Data-Methoden in Rekordzeit neue Lösungen für datenbasierte Wartung und Computer-Vision für die Qualitätskontrolle umsetzen, neue Plattformen für den Austausch von Telemetrie und Produktionsdaten aufbauen und die Vernetzung von Fahrzeugen weiter vorantreiben. Sie gewinnen dadurch eine höhere Kosteneffizienz, liefern bessere Qualität und schaffen neue digitale Angebote für ihre Kunden.“ Um diese Angebote wird es in den dieser Artikelserie gehen.
„Cloud-Services helfen Automobilherstellern, sich ganz auf ihre Kernkompetenzen sowie aktuelle Kernthemen wie vernetztes und autonomes Fahren, Elektromobilität und mobile Dienste zu konzentrieren, ohne Ressourcen für die Entwicklung und den Betrieb von Infrastruktur-, Middleware- oder anderen IT-Komponenten aufwenden zu müssen“, erläutert der AWS Solution Architect. Aber es geht nicht nur um die Infrastruktur, die die Cloud bereitstellt; die Kunden haben auch ein Recht auf Sicherheit und Datenschutz.
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Eine Branche virtualisiert sich
Autos kommen jetzt aus der Cloud
„Um das zu ermöglichen, müssen Sicherheit und Datenschutz an oberster Stelle stehen“, bestätigt Gonzalez. „Hier profitieren Kunden von unserer jahrzehntelangen Erfahrung, den umfassenden technischen Möglichkeiten für Verschlüsselung und Datensicherheit in der Cloud, sowie der großen Anzahl weltweit anerkannter Zertifizierungen auf nationaler (so etwa C5, IT-Grundschutz), internationaler (PCI-DSS, SOC, ISO) und Branchenebene (TISAX).“
Mercedes-Benz: Vom MBUX zum MB-OS
Apropos Sicherheit: Im Dezember 2021 hat Mercedes-Benz als erster Automobilhersteller weltweit eine international gültige Systemzulassung für das hochautomatisierte Fahren (SAE Level 3) erhalten. Das hochautomatisierte Fahrsystem Drive Pilot soll in 2022 in der S-Klasse und im EQS in Serie gehen. Eine im Januar 2022 verlautbarte Partnerschaft mit dem Lidar-Hersteller Luminar Technologies soll das Niveau der Fahrsicherheit im „hochautomatisierten Fahren“ deutlich anheben, nicht etwa in Spezialfahrzeugen, sondern in der Serienproduktion. Lidar („light detection and ranging“) ist eine dem Radar verwandte Methode zur Fernmessung und erlaubt dreidimensionales Laserscanning, beispielsweise für optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen.
Ein Fahrzeug ist heute eine rollende Software-Plattform und dafür müssen eine große Zahl an Entwicklern gewonnen werden. Mercedes-Benz verlautbarte im Juni 2021, dass es weltweit 3.000 Software Developer in seinen verschiedenen Digital Hubs einstellen wolle. Der Zweck: „Wir planen, langfristig mehr als 60 Prozent der Wertschöpfung im Bereich Software im Auto, auf Cloud-Ebene und bei den IoT-Anwendungen in-house zu erzielen“, äußerte Sajjad Khan, ehemaliger Chief Technology Officer, abgelöst durch den CSO Magnus Östberg. Vor allem eines fehle der Systemplattform Mercedes Benz User Experience (MBUX) noch: ein Betriebssystem namens MB-OS.
Sajjad Khan gibt ein Leistungsziel vor: „Die globalen Experten-Teams arbeiten konsequent daran, ab 2024 ein eigenes, datengestütztes und flexibel updatefähiges Mercedes-Benz Operating System in die Mercedes-Benz Fahrzeuge zu bringen und damit das Fahrzeug intelligent mit der Cloud und der IoT-Welt zu vernetzen. „Diese Beherrschung der Softwareplattform über die Domänen im Fahrzeug bis in die Cloud und in die IoT-Welt sei eine wichtige Grundlage, um zukünftig noch schneller und flexibler auch während des Produktlebenszyklus auf die Bedürfnisse der Kunden nach digitalen Services und erweiterten Produktfeatures zu reagieren. Die Ertragsvorgabe ist ebenso deutlich: „Bis ins Jahr 2025 plant das Unternehmen, mit digitalen Diensten zirka eine Milliarde Euro EBIT zu erwirtschaften.“
Services auf der MBUX-Systemplattform
Das MBUX passt sich mithilfe von Machine Learning an die Gewohnheiten des Nutzers an und lernt kontinuierlich dazu, so etwa mit dem cloud-basierten MBUX Sprach-Assistenten oder der Zero-Layer Technologie, die immer die relevanteste Info auf der ersten Ebene des Displays anzeigt, etwa eine Fahrtroute. Durch künstliche Intelligenz werden zur richtigen Zeit am richtigen Ort entsprechende Menüs auf die erste Menüebene (Zero Layer) stellt, damit der Fahrer mit nur einem Klick den Anruf, eine Sitzmassage, eine Fahrwerksverstellung oder den Ladevorgang starten kann. Die MBUX-Bedienung erfolgt per Sprache, Berührung oder über die intelligente Gestensteuerung.
MBUX ist vernetzt. Es kombiniert Fahrzeug- und Infotainment-Funktionen. MBUX ist immer online und bindet das digitale Leben des Kunden mit ein – von der Smartphone-Integration bis hin zu In-Car Office-Funktionen. Zudem lässt es sich personalisieren. Verschiedene Nutzerprofile für jeden Kunden ermöglichen ein individuelles Nutzererlebnis für verschiedene Zwecke und Anlässe.
Persönliche Interaktion mit Mercedes-Me
Mit der mobilen Mercedes-Me-App findet der Kunde zahlreiche Services. „So kann der Kunde beispielsweise über die App Navigationsziele, Ladestationen oder Point-of-Interest-Ziele direkt ins Fahrzeug senden“, berichtet Pressesprecher Georg Walthart, Global Communications, zuständig für Mercedes me & Infotainment.
Die Mercedes me App ist für alle Modelle unabhängig der Ausstattung nutzbar. „Je mehr Ausstattung verbaut ist, umso mehr Nutzen hat man“, so Walthart. „Wenn beispielsweise eine Standheizung verbaut ist, kann diese auch über die mobile Mercedes me App gestartet/beendet oder programmiert werden.“ Im MBUX seien ebenfalls Apps verfügbar, jedoch seien sie meist eng in das MBUX System integriert. So werden etwa Wetteranzeigen, Parkplätze, Staus usw. in der Navigationskarte beziehungsweise in der Benutzeroberfläche angezeigt.
Falls das Fahrzeug gestohlen sein sollte, kann der Kunde über den Dienst „Urban Guard“ in der App die Behörde autorisieren, das Fahrzeug zu orten. Parkrempler, welche beim abgestellten Fahrzeug entstehen können, werden in der App als Benachrichtigung angezeigt und auch Bilder der Umgebungskamera zur Verfügung gestellt. Im MBUX kann durch Mercedes me eine Online Suche ganz einfach per Sprache gestartet werden, so zum Beispiel: „Hey Mercedes“…, wo ist die beste Eisdiele in Stuttgart, …Navigiere zum nächsten Supermarkt; … spiele einen Song von den Beatles; …wo finde ich den Verbandskasten…. und vieles mehr.
„Mit Mercedes me“, so Walthart weiter, „werden auch Parkplätze am Straßenrand und in Parkhäusern angezeigt. So zeigen wir mit Hilfe unserer Sensoren am Fahrzeug und der cloud-basierten Aufbereitung freie Parkplätze in den Städten direkt und nahezu in Echtzeit in der Navigationskarte an. Somit ist die Suche nach freien Parkplätzen wesentlich einfacher. Das spart Zeit und Nerven. Außerdem können auch in manchen Städten Parkgebühren direkt und zeitgenau über das MBUX bzw. die Mercedes me App gestartet oder beendet und bezahlt werden. Auch Tankvorgänge (Fuel & Pay) können direkt über das MBUX oder die Mercedes-me-App abgewickelt werden.“
Kunden können in der Cloud natürlich auch zusätzliche Services und Features kaufen. „Im Mercedes me Store können Kunden jederzeit Dienste dazu buchen aber auch Sonderausstattungen an ihren Fahrzeugen nachkaufen“, so Walthart. „Dazu gehört zum Beispiel die Smartphone-Integration (CarPlay/Android Auto), ein digitales Radio, ja, selbst die Winkelerweiterung der Hinterachslenkung.“
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