Wollen heißt nicht Können S/4-HANA-Transformation (über-)fordert Organisationen

Von Ulrike Ostler

Die Transformation auf „S/4 HANA“ ist keinesfalls trivial. Eine Untersuchung der Migrationspläne deutscher Unternehmen zeigt, dass hohe Erwartungen häufig auf einen Mangel an Informationen und Ressourcen, intern wie extern, treffen, die für die Transformation dringend benötigt werden.

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Steiniger als erwartet, mit Höhen und Tiefen und keineswegs geradeaus verläuft, auch für SAP-Kunden, der Migrationspfad zur „S/4 HANA“.
Steiniger als erwartet, mit Höhen und Tiefen und keineswegs geradeaus verläuft, auch für SAP-Kunden, der Migrationspfad zur „S/4 HANA“.
(Bild: gemeinfrei: kinkate auf Pixabay / Pixabay )

In der Studie von Techconsult und Camelot Innovative Technologies Lab mit dem Titel „Erwartungen an S/4 HANA in 2022 – Kann die Transformation halten, was Unternehmen sich davon versprechen?“ planen von 200 befragten Unternehmen 85 Prozent eine S/4-HANA-Transformation in den kommenden drei Jahre. Aber knapp die Hälfte der Unternehmen gibt an, schon jetzt unzureichend Zeit für die Vorbereitung der Transformation zu haben.

Hinweis wegen abweichender Zahlen in den Abbildungen auf Nachfrage: „80 Prozent unserer befragten Unternehmen nutzen bereits eine SAP-Lösung. Von diesen 80 Prozent mit SAP-Einsatz werden 88 Prozent innerhalb der nächsten drei Jahre S/4 HANA einführen. Von allen Befragten insgesamt werden 85 Prozent das tun.“

Als die größte Herausforderung stellt sich der Einbezug aller Geschäftsbereiche und Stakeholder dar. Das steht dem Wunsch entgegen, mit der Transformation eine übergreifende Automatisierung von Prozessen, ein Auflösen von Datensilos und eine Performance-Optimierung des Gesamtsystems zu erreichen.

Transparenz und eine umfassende Information sind Mangelware

Darüber hinaus zählen zu den zentralen Herausforderungen der Unternehmen für die Migration neben den fehlenden internen Ressourcen, vor allem eine ungenügende Informationsbasis sowie unzureichende Hilfsleistungen, die für die Transformation benötigt werden und das Bedürfnis nach individuellen Beratungs- und Unterstützungsleistungen immer stärker werden lassen. Unternehmen können aber nur dann rechtzeitig strategische Entscheidungen treffen, wenn die Informationsbasis reicht.

90 Prozent der befragten Unternehmen haben nach eigenen Angaben für die Umsetzung der Transformationen ungenügend Informationen und Hilfeleistungen zur Verfügung, zum Beispiel zu Ziel- und Vorgehensmodellen oder den Gesamtkosten. Dabei wünschen sich die Befragten mehr Überblick über die Kosten und Best Practices. Angesichts des zu erwartenden hohen Bedarfs an externer Unterstützung durch Beratungs- und Implementierungspartner müssen vor allem mittelständische Unternehmen mit Engpässen auch in diesem Bereich rechnen.

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Josef Packowski, CEO der Camelot Consulting Group, folgert: „Expertenberatung im Cloud-Umfeld wird aktuell bereits sehr stark nachgefragt. Unsere Prognose: spätestens im Sommer 2022 wird es zu Überhitzungstendenzen kommen.“ Seine Einschätzung lautet: „Das heißt: Unternehmen, die spät mit der S/4HANA-Transformation starten, könnten dann das Nachsehen haben.“

Der Wunsch: Mit der Cloud hin zum Standard

Wichtige Grundsatzentscheidungen im Rahmen der Transformation sind laut Studie die Wahl des passenden Migrationsansatzes und des Deployment-Modells. Hier zeige sich ein signifikanter Wandel: Vor wenigen Jahren noch war der Brownfield-Ansatz das Mittel der Wahl, heute plant die Mehrzahl der Unternehmen, auf den Greenfield-Ansatz zu setzen.

Der Wunsch, weg von schweren, historisch gewachsenen Eigenlösungen zu kommen und trotz Individualisierungen nahe am Standard zu bleiben, zeigt sich auch in der Cloud-first-Strategie vieler Unternehmen: 71 Prozent planen auf eine Public-, Private- oder Hybrid-Cloud-Strategie zu setzen.

Sturzgefahr beim Change-Management

Im Rahmen ihrer S/4-HANA-Migration haben Unternehmen sehr konkret ausformulierte Wünsche an die Transformation, besonders im Kontext der Geschäftsprozesse in den Fachabteilungen. IT, Fachabteilungen und Unternehmensführung sind gleichermaßen vom Wandel betroffen und sollten sich frühzeitig darauf einstellen können. Dennoch haben 26 Prozent der befragten Unternehmen das Thema Change-Management nicht in ihrer Planung verankert und sind insbesondere in den Fachbereichen nicht ausreichend vorbereitet.

Waldemar Klassen, Analyst bei Techconsult, erläutert: „Auffällig dabei ist, dass Unternehmen die Entscheidungen zur Transformation zumeist auf Management-Ebene treffen, doch nach der Initiative der Geschäftsführung und der Einbindung der IT die Bedürfnisse sowie Herausforderungen der betroffenen Stakeholder und Entscheidungsträger in den Geschäftsbereichen selten oder viel zu spät berücksichtigen.“

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