Ein Jahr Meta statt Facebook Floppt das Metaverse?

Von Andrej Sokolow, dpa |

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Als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg vor einem Jahr den Fokus auf virtuelle Welten ausrief und dem Konzern den neuen Namen Meta verpasste, geizte er nicht mit großen Worten. „Wir sind überzeugt, dass das Metaverse der Nachfolger des mobilen Internets sein wird“, verkündete er. Die Technik werde das Gefühl von Anwesenheit erzeugen – „als wären wir direkt da mit den Leuten, egal, wie weit entfernt wir tatsächlich sind.“

In virtuellen Realitäten ist – noch – kein großes Geld zu verdienen; die Pioniere des Metaverse wollen aber nicht aufgeben.
In virtuellen Realitäten ist – noch – kein großes Geld zu verdienen; die Pioniere des Metaverse wollen aber nicht aufgeben.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Ein Jahr später scheint diese Vision nicht näher zu sein. Der Konzern heißt nun zwar Meta statt Facebook. Aber seine tragende Säule sind nach wie vor die Werbeeinnahmen, die Facebook und Instagram mit ihren Milliarden Nutzern einbringen. Zuckerberg betont nun, dass der Wandel Zeit brauchen werde. „Es ist nicht so, dass diese Sachen in einem oder sogar in zwei, drei Jahren reif sein werden“, sagte er jüngst in einem Interview des Tech-Blogs „The Verge“. Der Konzern sei aber entschlossen, die Entwicklung voranzutreiben – „wir werden das das nächste Jahrzehnt tun – oder so lange wie es sein muss“.

Deutsche Unternehmen bleiben skeptisch

Auch die Wirtschaft in Deutschland steht der Vision eines „Metaverse“ skeptisch gegenüber. In einer aktuellen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom erklärte jedes zweite Unternehmen (48 %), keine Investitionen in die virtuellen Welten zu planen. Nur jedes zehnte Unternehmen will noch in diesem Jahr oder 2023 Geld in Metaverse-Projekte stecken. 41 Prozent der Firmen kündigten an, dass sie 2024 oder in den nächsten fünf Jahren in diesen Bereich investieren werden.

Nur jedes vierte Unternehmen (26 %) ist generall an dem Thema interessiert und steht diesem aufgeschlossen gegenüber. 29 Prozent äußerten sich jedoch kritisch und ablehnend. Ein Drittel (34 %) ist noch unentschieden. 26 Prozent der befragten Unternehmen sehen im Metaverse eine Chance, jedes fünfte Unternehmen (20 %) befürchtet dagegen ein Risiko für die eigene Firma.

Die Skepsis der Unternehmen in Deutschland könnte nach Einschätzung von Experten auch damit zu tun haben, dass die am Markt dominierenden Virtual-Reality-Brillen des Facebook-Konzern Meta hierzulande gar nicht verkauft werden. Grund ist ein Streit mit dem Kartellamt. Der Meta-Konzern hat zwar den umstrittenen Zwang eines Facebook-Logins für die Nutzung seiner Virtual-Reality-Brille Meta Quest 2 im August aufgehoben. Die VR-Brillen von Meta, darunter auch die neue VR-Brille Quest Pro, werden aber weiterhin in Deutschland nicht angeboten. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder sieht auch im hohen Preis für VR-Brillen zumindest für private Verbraucher ein Hindernis.

In der Bitkom-Umfrage ist eine knappe Mehrheit (58 %) der befragten Unternehmen der Meinung, das Metaverse werde das Internet deutlich verändern und biete eine Vielzahl neuer Geschäftsmöglichkeiten. 42 Prozent halten es dagegen für einen kurzfristigen Hype, der die Erwartungen nicht erfüllen und bald wieder verschwinden werde.

Ein kostspieliger Plan

Die Erfindung der Zukunft verschlingt Milliarden. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres häuften die Reality Labs – der Konzern-Bereich, in dem alles rund um das Metaverse und Brillen zur Anzeige virtueller Realität gebündelt ist – einen operativen Verlust von rund 5,77 Milliarden US-Dollar an.

Das ist durchaus Geld, das der Facebook-Konzern schultern kann. Allerdings haben Zuckerberg und Meta das Problem, dass ihr Kerngeschäft weniger Geld bringt. Die Meta-Apps warfen im ersten Halbjahr einen operativen Gewinn von 22,65 Milliarden US-Dollar ab – ein Jahr zuvor waren es noch 28 Milliarden gewesen.

Zum einen fahren wegen Inflationsdrucks und Konjunktursorgen die Werbekunden ihre Marketing-Ausgaben zurück. Zum anderen kosten Apples Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre Meta Milliarden. App-Anbieter wie Facebook müssen iPhone-Nutzer inzwischen um Erlaubnis fragen, wenn sie ihr Verhalten quer über verschiedene Dienste und Anwendungen nachverfolgen wollen. Viele lehnten das ab – und zerschlugen so Geschäftsmodelle in der Online-Werbung, die auf diesem permanenten Tracking basierten.

Metaverse bleibt in weiter Ferne

Zuckerberg versicherte allerdings, dass man die Investitionen in die Zukunft nicht kürzen werde. Stattdessen wird in anderen Bereichen gespart. Und Meta hofft, Unternehmen für die Idee virtueller Welten zu begeistern, in denen ihre Abläufe und Geschäfte Platz finden könnten. Die rund 200 Millionen PCs, die jährlich hauptsächlich für berufliche Zwecke gekauft würden, könnten durch Metaverse-Technik wie Brillen ersetzt werden, sagte er. Irgendwann jedenfalls. Denn auch bei der gerade erst vorgestellten VR-Brille Quest Pro für 1.400 US-Dollar schränkte er ein, dass erst spätere Generationen den nötigen Reifegrad erreicht haben werden.

Er sei froh, die Neuausrichtung in der eher heilen Welt vor einem Jahr angestoßen zu haben, statt unter dem heutigen Druck, resümierte Zuckerberg. Wie lange er dem Metaverse-Traum weiter hinterherjagen kann, wird aber maßgeblich von der Profitabilität des Facebook-Geschäfts abhängen. Zuckerbergs Wunsch, die führende Rolle bei der nächsten Computer-Plattform zu spielen, ist verständlich. Denn im mobilen Internet mit den heutigen Smartphones ist Meta trotz Milliarden Nutzern nur ein Gast auf den Plattformen von Apple und Google, das die Schlüsselrolle beim Android-System spielt.

Auch andere haben Träume

Allerdings ist Meta auch bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das im Metaverse Fuß fassen will. So betreibt der auf Grafikkarten und künstliche Intelligenz spezialisierte Konzern Nvidia seine „Omniverse“-Plattform, in der Unternehmen zum Beispiel ganze virtuelle Werke einrichten können, um die Abläufe zu optimieren. „Das Metaverse ist aus unserer Sicht die direkte Fortsetzung des Internets“, sagt der zuständige Nvidia-Manager Rev Lebaredian. Nur dass man sich aus einer zweidimensionalen Welt in eine 3D-Umgebung bewege. Und dafür werde man eine Menge Standards brauchen, bei denen am Ende alle Player an einem Strang ziehen müssten.

Und auch der Apple-Konzern, mit dem Meta aktuell im Clinch liegt, reiht schon seit Jahren seine Metaverse-Bausteine auf, obwohl man das Konzept dort vielleicht nicht so nennt. Von Apple wird zunächst eine Brille erwartet, die – ähnlich wie die Quest Pro – mit Kameras ihre Umgebung aufnehmen und dem Nutzer mit zusätzlichen Details versehen anzeigen kann. 2023 könnte es laut Medienberichten und Analysten soweit sein. Dann dürfte sich der Kampf um das Metaverse noch einmal zuspitzen.

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