Christian Böing, CEO von Strato, im Interview Strato-Chef: „Amazon ist uns um Lichtjahre enteilt“

Autor / Redakteur: Michael Hase / Florian Karlstetter

Strato drängt mit den Business Solutions ins Managed-Services-Geschäft, ohne selbst zum MSP zu werden. Wie CEO Christian Böing betont, kann der Hoster daher Vorleistungen für Systemhäuser erbringen und den Infrastrukturbetrieb für sie übernehmen.

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Strato-Chef Christian Böing entwickelt den Berliner Hoster zum IaaS-Anbieter weiter.
Strato-Chef Christian Böing entwickelt den Berliner Hoster zum IaaS-Anbieter weiter.
(© kai abresch photography)

CloudComputing-Insider: Strato bietet seit April neben dem Massengeschäft auch individuelle Hosting-Lösungen an – beides unter einer Marke. Patrick Pulvermüller, CEO der Host Europe Group, sagt, Ein-Marken-Strategien funktionieren im Hosting-Markt nicht mehr. Warum liegt er aus Ihrer Sicht falsch?

Böing: Die Host Europe Group kommt nach Zukäufen auf rund zehn Marken. Dass das Management jetzt damit beginnt, das Chaos zu ordnen und die Anzahl der Marken zu reduzieren, ergibt absolut Sinn. Bei den vielen Einzelmarken mit unterschiedlichem Profil wüsste ich aber gar nicht, auf welche einzelne Marke man die alle verschmelzen sollte. Hinzu kommt, dass hinter Host Europe ein Kapitalinvestor steht, der die Gruppe irgendwann womöglich weiterverkaufen wird. Wenn er sie nicht als Ganzes losbekommt, wird er sie in Einzelteilen verkaufen. Dann wäre eine einzige Marke hinderlich. Die Aussage Patrick Pulvermüllers ist also eher durch Investorenpläne als durch Marketingdenken motiviert. Ein-Marken-Strategien können im Hosting-Geschäft sehr wohl funktionieren.

Sind die Anforderungen der Kunden im Massengeschäft und im Managed Hosting nicht zu unterschiedlich, als dass man sie mit einer Marke adressieren könnte?

Böing: Unter der Marke Host Europe hat der Mitbewerber bislang beides angeboten, und es hat funktioniert. Ein anderes Beispiel: Unsere Konzernmutter, die Deutsche Telekom, adressiert mit einer Marke sowohl den Privatmann, der einen DSL-Vertrag abschließt, als auch den Großkunden, der seine komplette IT auslagern will. Beide Zielgruppen erleben dieselbe Marke, die für sie Professionalität, Sicherheit, Verlässlichkeit – nicht unbedingt Geschwindigkeit – ausstrahlt. Aber natürlich sind die Leistungen, die sie erwarten und die sie erhalten, komplett andere. Daher muss man die Zielgruppen unterschiedlich ansprechen, wofür die Telekom eine differenzierte Vertriebsstruktur mit T-Punkt-Filialen, Online-, Mittelstands-, Großkundenvertrieb und Key Account Management geschaffen hat.

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Kommentar
Kommentar: Das Systemhaus ist tot, es lebe der Service Provider!

Michael Hase, Senior Editor bei der IT-BUSINESS und verantwortlich für die Bereiche Reseller & Distribution.
Michael Hase, Senior Editor bei der IT-BUSINESS und verantwortlich für die Bereiche Reseller & Distribution.
( Bild: VIT )
> Wenn Systemhäuser ehrlich zu sich sind, müssen sie sich eingestehen, dass sie vom klassischen Geschäft rund um Desktops und Infrastrukturen künftig kaum mehr werden leben können. Weitsichtige Häuser haben längst damit begonnen, sich zum Managed Service Provider (MSP) zu wandeln, und stellen ihren Kunden IT-Leistungen als Dienst bereit. Noch offen ist für viele die Frage, welche Teile der Wertschöpfungskette sie dabei abdecken und ob der Betrieb von Infrastruktur zu ihrem Kerngeschäft gehört. Hoster wie Strato oder PlusServer und Hyperscaler wie AWS oder Microsoft stehen als potenzielle Partner bereit. Die Entscheidung ist gewiss nicht einfach. Aber wenn selbst Hoster heute Ressourcen aus der Public Cloud beziehen, sollten Systemhäuser, pardon MSPs, allemal über ihre „Fertigungstiefe“ nachdenken. (mh)

Strato muss also die Kunden, die Sie mit den Business Solutions erreichen wollen, anders ansprechen als Standardkunden?

Böing: Genau. Wir haben uns intensiv Gedanken darüber gemacht, wie wir den verschiedenen Kundengruppen unterschiedliche Erlebnisse vermitteln. Das betrifft Vertrieb, Betreuung, Support-Prozesse, Konditionen, Rechnungsstellung und nicht zuletzt die technische Umsetzung. Business-Solutions-Kunden haben einen individuellen Lösungsbedarf. Sie bekommen von uns daher kein Angebot von der Stange, sondern eine auf ihren Bedarf zugeschnittene Lösung, die mit einer Beratung einhergeht. Anders als Kunden im Standard-Hosting erhalten sie im Support einen festen Ansprechpartner und landen nicht anonym im Customer Care. Und diese Kunden erwarten Sammelrechnungen, verlängerte Zahlungsziele oder Rabatte – alles Dinge, die es unter der Standard-Proposition so nicht gibt.

Wie hat sich das Geschäft seit dem Start im April entwickelt?

Böing: Wir verzeichnen extrem viele Anfragen, die weit über dem liegen, was ich für die ersten drei Monate erwartet habe. Für den neuen 24/7-Support haben wir bereits mehr als 1.000 Verträge abgeschlossen. In der Hotline stehen rund um die Uhr Experten bereit, die nachts nicht nur ein Ticket aufmachen, das am nächsten Vormittag bearbeitet wird, sondern die Störungen umgehend beheben. Darüber hinaus haben wir rund 200 Individualanfragen zu konkreten Projekten, die wir jetzt Schritt für Schritt abarbeiten. Auch diese Zahl liegt über unseren Erwartungen. Schließlich haben wir die Strato Business Solutions noch gar nicht aktiv vermarktet, sondern zunächst über die Medien bekannt gemacht. Denn wir wollen kontrolliert mit dem Bedarf wachsen.

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CLOUD COMPUTING & VIRTUALISIERUNG Technology Conference 2015

Auch in diesem Jahr veranstalten wir zusammen mit der Vogel IT-Akademie die CLOUD COMPUTING & VIRTUALISIERUNG Technology Conference 2015.

Termine wie folgt:

  • am 15.9.2015 in Neuss
  • am 17.9.2015 in Frankfurt am Main
  • am 23.9.2015 in Hamburg
  • am 1.10.2015 in München

Hier geht es zur Veranstaltungswebseite mit weiteren Informationen und Anmeldung

Wie Strato mit klassischen Systemhäusern ins Geschäft kommen möchte, lesen Sie auf der nächsten Seite!

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