Digitalisierung zeigt noch kaum Effekte Frust statt Lust bei der Digitalen Transformation

Autor Elke Witmer-Goßner

Eigentlich sind es spannende Zeiten, in denen eine technologische Innovation die andere jagt, und Unternehmen eigentlich gar nicht mehr anders können, digitale Transformation auf allen Geschäftsebenen einzuführen, um nicht am Markt abgehängt zu werden.

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IT-Entscheider und Tech-CEOs blicken nicht gerade euphorisch auf die nahe und mittlere Zukunft.
IT-Entscheider und Tech-CEOs blicken nicht gerade euphorisch auf die nahe und mittlere Zukunft.
(Bild: gemeinfrei © Gerd Altmann / Pixabay )

IT-Anbieter werden nicht müde, die Segnungen ihrer disruptiven Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik, 3D-Druck, Blockchain, Augmented Reality oder autonomes Fahren zu loben und deren Einsatz als überlebensnotwendig im Wettbewerb anzupreisen. Doch auf dem Weg zur vollständigen Digitale Transformation befinden sich bisher viele Unternehmen erst auf halber Strecke. Nur 15 Prozent der US-amerikanischen und 9 Prozent der deutschen Unternehmen haben diesen Prozess hundertprozentig abgeschlossen und können die ersten Früchte einfahren.

Deutlich mehr Firmen – 13 Prozent in den USA und 23 Prozent in Deutschland – befinden sich immer noch im Planungsprozess und haben noch keine konkreten Schritte hin zur Digitalen Transformation eingeleitet, so das Ergebnis einer Studie der OTRS AG. Insgesamt sieben Prozent der insgesamt 350 befragten IT-Verantwortlichen in Deutschland und den USA haben bisher keine Pläne hinsichtlich Digitalisierung. Der größte „Showstopper“ bei der Digitalen Transformation sei fehlendes Budget (22 Prozent), gefolgt von der Firmenkultur, die oftmals zu starr für Veränderungen ist (17 Prozent) und mangelnde Fähigkeiten (13 Prozent). Die Mehrheit der Firmen, die mit der Digitalen Transformation begonnen hat, gibt zwar an, dass die bereits getätigten Schritte einen positiven Effekt hätten (84 Prozent). Aber immerhin zehn Prozent sagen auch, dass ihre Bemühungen bezüglich Digitaler Transformation bisher keine Effekte zeigten. „Wie unsere Ergebnisse zeigen, sind noch nicht alle Unternehmen im Digitalen Zeitalter angekommen, auch wenn ein starker Trend dahingehend besteht“, erläutert Sabine Riedel, Vorstandsmitglied der OTRS AG, die Ergebnisse. „Ernüchternd ist es, dass Budgetgründe eine so große Rolle spielen.“

Value bleibt (noch) aus

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt die aktuelle Technologiebranchen-Ausgabe des „Global CEO Survey“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Nur zwei von fünf Vorstandschefs sind demnach „sehr zuversichtlich“, was die Umsatzaussichten für die nächsten zwölf Monate angeht. Und auch die mittelfristigen Erwartungen über die Erlöse fallen gedämpft aus. Offenbar beschleicht immer mehr Tech-CEOs die Sorge, dass aus Themen wie dem Datenschutz ernsthafte geschäftliche Risiken erwachsen könnten. Zudem bleibt bei vielen neuen Technologien wie der Blockchain oder „AI“ trotz hoher Investitionen der Durchbruch weiterhin aus.

Für die gedämpfte Erwartungshaltung gibt es natürlich Gründe. Diese ließen sich ab besten mit dem Begriff des „digitalen Dilemmas“ zusammenfassen, sagt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Telekommunikation, Medien und Technologie bei PwC in Deutschland, und verdeutlicht das an einem Beispiel: „Auf der einen Seite rufen die Kunden nach immer praktischeren digitalen Produkten und Services, wie etwa sprachgesteuerten Assistenten. Zugleich steigt mit solchen Tools aber die Gefahr, dass es zu Problemen bei Themen wie Datenschutz oder Privatsphäre kommt.“ Und auch der ständige Fortschritt mit immer neuen vielversprechenden Technologien überfordert viele Tech-CEOs, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Denn welche dieser Technologien sich wie schnell durchsetzen werde, lässt sich seriös kaum abschätzen. Tatsache ist: Wirkliche Anwendungsbeispiele sind bislang die Ausnahme, ganz zu schweigen von der Generierung von Umsätzen. In Folge stehen viele Topmanager unter Druck, in Technologien zu investieren, bei denen vorerst nur eines sicher ist, nämlich dass sie auf absehbare Zeit kaum etwas zu den Erlösen beisteuern werden.

Weltweites Kräftemessen

Ein weiteres Beispiel, das den Tech-CEOs größere Probleme bereitet, als man im ersten Moment vermuten würde, ist das Recruiting. Denn es stimmt zwar, dass viele Technologiefirmen als attraktive Arbeitgeber gelten. Allerdings stehen sie im Kampf um die besten Talente in einem immer härteren Wettstreit untereinander. So gaben in den PwC-Umfrage 50 Prozent der befragten Tech-CEOs an, sie hätten „extreme Sorgen“, ob sie in Zukunft wirklich die Fachkräfte finden, die sie für die weitere Entwicklung benötigen. So sehen sogar 55 Prozent der befragten Vorstandschefs im Mangel an Talenten eine konkrete Gefahr für die Innovationskraft ihres Unternehmens.

Und auch die politische und wirtschaftliche Großwetterlage schlägt immer mehr Tech-Managern aufs Gemüt. So sind mehr als 80 Prozent der befragten Vorstandschefs „extrem besorgt“ über die zunehmenden Handelskonflikte, speziell was das Verhältnis zwischen den USA und China angeht. Schon jetzt sehen sich viele Technologieunternehmen infolge von Zöllen und anderen Handelshemmnissen gezwungen, Produktionsstandorte zu verlagern, selbst auf die Gefahr hin, etablierte Lieferketten auseinanderzureißen. Viele Tech-CEOs fürchten, dass solcherlei Einschränkungen erst der Anfang sind und halten sich mit Investitionen lieber zurück.

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