Erste Schritte im Service-Management (Teil 2) ITSM ist kein Brief an den Weihnachtsmann

Autor / Redakteur: Rico Barth / Ulrike Ostler |

Eine technische Lösung zur Organisation der Arbeiten am Helpdesk sieht in der Praxis am Ende ganz anders aus, als zunächst gedacht. Deshalb sollte man darauf achten, die einzelnen Projektschritte klein und ausbaubar zu halten. Es ist vor allem wichtig, dass die technische Basis sehr stabil und flexibel ist, um später die Grundlage weiterer Maßnahmen zu bilden.

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Lange Leitung darf nicht sein im Helpdesk
Lange Leitung darf nicht sein im Helpdesk
(Bild: Rainer Sturm, pixelio.de)

Am Service-Desk sollten – mit Ausnahme bei sehr großen IT-Stäben - die Tickets wie auch die Bearbeitungsstrukturen nicht zu tief klassifiziert sein. Häufig werden sie in die fachlichen Arbeitsgruppen wie TK, Netze, Hardware, Software – und maximal zwei Ebenen darunter – unterteilt. Eine Hotline-Warteschlange für alle bis dahin noch unklassifizierten Tickets ist zu empfehlen.

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Einfache Klassifikation hat zwei Vorteile. Erstens macht es eine automatische und eine manuelle Zuordnung von Tickets zu Fachthemen einfach und schnell. Zweitens sind die Support-Abteilungen (beispielsweise im Mittelstand) meistens so klein, dass wegen der Urlaubs- und Ausfallzeiten eine Spezialisierung nicht zu empfehlen, aber Zusammenarbeit auf Zuruf möglich ist.

Häufige Probleme und Lösungen im Wiki erfassen

Es erleichtert die Arbeit im Helpdesk ungemein und vermeidet personelle Engpässe, ein Helpdesk-Wiki oder FAQ aufzubauen. Zunächst umfasst das nur Lösungswege für häufig auftauchende Störungen und Probleme. Hieraus lassen sich später auch kurze Anleitungen für ein Anwender-Wiki kopieren („Passwort vergessen“).

Die IT-Mitarbeiter sollten, auch wenn es anfangs lästig ist, unbedingt ihre Lösungen in strukturierter Form dokumentieren. Denn daraus entsteht mit der Zeit eine ziemlich umfangreiche Wissensdatenbank, die enorm Arbeitszeit sparen und den User-Support beschleunigen wird. Teile davon lassen sich später zu einer Art „Jetzt helfe ich mir selbst“ für die IT-Anwender zusammenstellen.

Limits für Reaktionszeiten gegen das Vergessen

Die Abläufe im Support müssen so angelegt sein, dass kein Ticket „auf der langen Bank“ dem Vergessen anheim fällt. Also sollte sich die Abteilung Gedanken machen, in welcher Zeit welche Anfragen und Störungen behoben sein müssen. Entsprechend lässt sich später das System mit einem Servicekatalog und den zugehörigen Service Level Agreements (SLAs) für Reaktions- und Lösungszeiten einrichten. Dabei gilt es, Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass ein Ticket über die Tische mehrerer Bearbeiter läuft.

Workflows, TK-Integration und Self-Services

Für solche Fälle – die betreffen zum Beispiel auch Beschaffungsmaßnahmen oder Softwareprojekte – entsteht bei vielen ITSM-Projekte recht früh der Wunsch nach Einrichtung automatischer Workflows. Solche automatischen Prozesse bieten sich zuerst bei Standardänderungen an, die ein klar definiertes Vorgehen haben. Die IT-seitige Einbindung neuer Mitarbeiter im Unternehmen ist da nur eines von vielen Beispielen.

Derlei sollte man allerdings erst einrichten, wenn das Team mit dem Ticketing-System Routine hat, weil es neue Prozesse mit sich bringt. Auch sollte die Einrichtung von Workflows schrittweise erfolgen und jederzeit nachjustierbar sein; denn deren Anlage kann sich als vertrackt und fehlerträchtig erweisen.

Bei Anruf schon die User-Konfiguration auf dem Monitor

Als sehr praktisch hat sich die Kopplung von OTRS mit VoIP-Telefonanlagen erwiesen. Denn bei einem Anruf sieht der Support sofort, wer anruft und welche IT-Umgebung der Anrufer hat. Wenn die TK-Anlage, Telefone oder PC-Softphones „Action-URLs“ unterstützen, lassen sich in der Hotline sogar unmittelbar Aktionen auslösen.

Bei der Neueinführung eines Helpdesk-Systems werden die meisten User aus Gewohnheit die Durchwahl eines ihnen bekannten Support-Mitarbeiters anrufen oder ihm „zwischen Tür und Angel“ Wünsche und Probleme mitteilen. Hier hilft nur Erziehung, der wiederholte Hinweis, dass es nur eine zentrale Nummer und eine interne E-Mail-Adresse für den Support gibt, während jeder andere Kontakt den Service nur verzögert, weil dieser IT-Mitarbeiter das Anliegen vergessen könnte und nun ein Ticket aufsetzen muss, das längst vorliegen könnte.

Die Anwender mit Bedacht mitnehmen

Ferner ist es nützlich, ein einfaches Webformular einzurichten, in dem User ihr Anliegen ohne Ausfüllen von Detailinformationen unstrukturiert eintragen können. Hauptsache ist, dass sich eine automatische Zuordnung des Tickets einrichten lässt, zum Beispiel über die Stichwortvorgabe „Problem mit Drucker“. Dieses Formular, lässt sich später zu einem umfangreicheren Self-Service-Portal ausbauen.

Wichtig ist, die Anwender behutsam und schrittweise an das sich anonym anfühlende Ticketing heranzuführen. Eine Einführung neuer Service-Prozesse „von oben“ ist ebenso fatal wie Fehler in der technischen Konfiguration des Systems. Unabhängig davon ist eine klare managementseitige Unterstützung des Vorhabens und das „Mitnehmen“ der Anwender unerlässlich für den Projekterfolg.

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