Geringere bis keine Gebühren für den Datentransfer Bandwidth Alliance gibt Vorteile von Verbundnetzen an Kunden weiter

Autor Elke Witmer-Goßner

„Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Sie das Beste aus dem Angebot verschiedener Cloud-Anbieter herausholen können, ohne sich um die Kosten für den Datenaustausch zwischen ihnen zu kümmern.“ Matthew Prince, Mitgründer und CEO des Web-Performance- und Internetsecurity-Experten Cloudflare, träumt nicht nur davon.

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Die Vorteile des Peerings mit geringen, hochzählenden Kosten, sollen an die Kunden weitergegeben werden.
Die Vorteile des Peerings mit geringen, hochzählenden Kosten, sollen an die Kunden weitergegeben werden.
(Bild: © Maxim_Kazmin - stock.adobe.com)

Er hat es geschafft, namhafte Cloud-Anbieter wie Microsoft und IBM von dieser Idee zu überzeugen. In der jetzt gegründeten „Bandwidth Alliance“ haben sich alle Mitglieder bereit erklärt, die Gebühren für den Datentransfer für gemeinsame Kunden zu senken.

Mautgebühren für die Datenautobahn

Tatsächlich sind bei dem meisten Cloud-Providern Datentransfergebühren, manchmal auch als Bandbreiten- oder Ausgangsgebühren bezeichnet, üblicher Bestandteil der Rechnung. Diese Gebühren sollen die Kosten für die Bereitstellung von Traffic aus der Cloud bis zum Endverbraucher decken. Verwenden Anwender darüber hinaus ein Content Delivery Network wie beispielsweise Cloudflare, kommen die Kosten für die Datenübertragung zusätzlich zu den Kosten für die Bereitstellung von Inhalten hinzu. Wird zum Beispiel ein Service, der in den USA gehostet wird, von einem Ort in Australien besucht, entstehen zum Teil hohe Kosten für den Verkehr zwischen beiden Orten. Der Cloud-Provider leitet in der Regel den Traffic an einen Transit-Provider weiter oder nutzt seinen eigenen globalen Backbone, um den Traffic über die Vereinigten Staaten und dann über den Pazifik zu transportieren. Hierbei läuft der Datenstrom möglicherweise noch über weitere Transit-Provider, bis er schließlich den ISP des Besuchers erreicht.

Zur Deckung der Kosten dieser teuren Infrastruktur stellen Cloud-Provider ihren Kunden die Kosten für diesen Transit oder den genutzten eigenen Backbone in Rechnung. Google Cloud und Microsoft Azure senden beispielsweise beide den Datenverkehr über ihre hochverfügbaren, sicheren und leistungsfähigen Backbones aus terrestrischer Glasfaser, Unterwasserkabel und mehr. Doch es geht auch anders. Fast alle großen Cloud-Anbieter leiten den Datenverkehr, der beispielsweise über Cloudflare an die Nutzer übermittelt wird, über private Netzwerkschnittstellen (PNI) oder private Verbindungen. Dieses PNI erfolgt in der Regel innerhalb derselben Einrichtung über ein Glasfaserkabel zwischen den Routern für die beiden Netzwerke. Da sich hier kein Transit-Provider dazwischenschaltet, entstehen weder für Cloudflare noch für den Cloud-Provider zusätzliche Kosten für die Übertragung der Daten über diese PNI. Viele Cloud-Anbieter nutzen aber diese PNIs, um sich umfassend mit Netzwerken von Drittanbietern wie Cloudflare zu verbinden.

Daher ist Cloudflare auch der Ansicht, dass die Kunden nicht für ihre Daten bezahlen müssen, um über das Netzwerk des teuren Cloud-Anbieters zu reisen, um vom Server zum Benutzercomputer zu gelangen, sondern stattdessen durch das Netzwerk des CDN-Anbieters gehen sollten. Cloudflare konnte verschiedene Anbieter letztendlich von seinem Modell überzeugen, um auf diesem Weg die Kosten bzw. Gebühren für gemeinsame Kunden zu senken: „Das Argument, das wir vorgebracht haben, war ein ziemlich einfaches: Es ist nur dann sinnvoll, dass sie für den Transit Geld verlangen, wenn ihnen daraus tatsächlich auch Kosten entstehen“, erklärt Prince.

Warum AWS und Google fehlen

Mit Gründung der Bandwidth Alliance sollen die bisher ständig gestiegenen Kosten für die Bandbreite gesenkt werden. Kunden, die sowohl Cloudflare als auch einen Cloud-Provider, der Teil dieser Partnerschaft ist, nutzen, sollen jetzt einen deutlichen Rabatt auf ihren Traffic erhalten oder diesen sogar kostenlos erhalten. Neben Cloudflare und den Internetgrößen Microsoft Azure und IBM Cloud gehören aktuell Automattic, Backblaze, Digital Ocean, DreamHost, Linode, Packet, Scaleway und Vapor der Partnerschaft an. Google ist – entgegen anderslautender Presseberichte – kein Mitglied der Bandbreitenallianz. Seit drei Jahren arbeitet Cloudflare mit Google Cloud aber im Rahmen des CDN-Interconnect-Programms zusammen, wodurch sich seitdem aufgrund des abrechnungsfreien Peerings die Datentransfergebühren für gemeinsame Cloudflare/Google-Cloud-Kunden um bis zu 75 Prozent reduzieren ließen.

Und auch Marktführer AWS ist der Allianz (noch) nicht beigetreten. Cloudflare-Chef Prince nimmt das mit Humor und witzelte in einem Twitter-Post: „Die Mitglieder für die Bandwidth Alliance zu gewinnen, war ein bisschen wie den Film „Oceans 11“ zu besetzen. Ich brauchte Brad Pitt, bevor wir Julia Roberts kriegen konnten. Jetzt, wo wir diese gewonnen haben, können wir George Clooney fragen.“ Man habe tatsächlich mit Amazon über die Aufnahme von AWS gesprochen. Obwohl AWS sich noch nicht angemeldet habe, sei man zuversichtlich, dass diese auch bald im Interesse ihrer Kunden handeln werden. Prince stellt jedenfalls fest, dass das Programm für alle Cloud- und CDN-Anbieter offen sei.

Immer nur das Beste

Neben dem Ökosystem gleichgesinnter Unternehmen, dem großen globalen Netzwerk mit mehr als 150 Standorten weltweit und mehreren Peer- und Paid-Links an jedem Standort, bildet die Traffic Routing Engine „Argo“ von Cloudflare das technische Fundament der Bandbreitenallianz. Mit Argo ist es möglich den Datenverkehr über das Cloudflare-Netzwerk anhand einer Reihe von Faktoren wie Latenz, Durchsatz, Jitter oder im Falle der Bandwidth Alliance der Kosten für den Datenaustausch optimal zu steuern.

Cloudflare-CEO Prince verspricht, dass die Datentransfergebühren für alle Cloudflare-Kunden, die bei einem Mitglied der Bandwidth Alliance gehostet sind, automatisch sinken werden, sobald die erforderlichen technischen und buchhalterischen Systeme vom Mitglied aktiviert wurden. Einige diese Systeme sind auch bereits live, andere sollen in den kommenden Monaten freigeschaltet werden. Cloudflare schätzt, dass aktuelle Kunden nahezu 50 Millionen US-Dollar Datentransfergebühren pro Jahr durch das Hosting mit einem Bandwidth-Alliance-Mitglied sparen werden. Man selbst begreife sich „als Gefüge im Hintergrund, das verschiedene Clouds miteinander verbindet“, so dass Kunden es leichter hätten, jederzeit zur jeweils besten Dienstleistung, Technik oder dem günstigsten Anbieter zu wechseln.

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